SUVs und Pick-ups sind für Fussgänger das grössere Risiko

Daniela Gschweng /  Fahrzeuge mit höherer Front sehen nicht nur aggressiv aus. Sie sind es auch, zeigen Messungen aus den USA.

Seit 2009 ist die Zahl der getöteten Fussgänger in den USA um 80 Prozent gestiegen. Ein Trend, der parallel zur Verbreitung grösserer Fahrzeuge wie SUVs und Pick-ups verläuft. Der Zusammenhang wurde bereits mehrmals unter verschiedenen Aspekten untersucht.

Einer der Gründe ist das höhere Gewicht. Autos werden auch allgemein seit Jahren schwerer. Andere sind die Geschwindigkeit beim Aufprall und die Grösse des toten Winkels. Mit rücksichtlosem Verhalten des Lenkers hat es ausnahmsweise nur wenig zu tun, zeigte eine Untersuchung der deutschen Versicherer 2011.

«Ein SUV schlägt höher ein»

Die Gruppe der jungen Raser war in der SUV-Unfallstatistik nur spärlich vertreten. Aber: «Ein SUV schlägt höher ein», zitiert die «Süddeutsche Zeitung» 2017 den Leiter der Unfallforschung der deutschen Versicherer, Siegfried Brockmann.  

Diesen Aspekt hat eine neue Studie aus den USA nun gezielt untersucht. Die im «Journal of Safety Research» veröffentlichte Studie analysierte, wie gefährlich das Fahrzeugdesign für Fussgänger ist.

Hohe und stumpfe, hohe und abgeschrägte sowie mittelhohe und stumpfe Frontpartien führen demnach häufiger zu tödlichen Verletzungen als niedrige und flache Motorhauben. Das gilt vor allem für Kinder.

Risikofaktor 1: Hohe Fahrzeugfront

Die Forschenden des Insurance Institutes for Highway Safety (IIHS) analysierten rund 17’000 Unfälle aus sieben US-Bundesstaaten seit 2017, die zwischen einem einzelnen Auto und einem einzelnen Fussgänger stattgefunden hatten. Sie erfassten Masse der Fronten von rund 3000 Fahrzeugmodellen, darunter Autos, SUVs, Minivans und Pick-ups.

Eine wichtige Rolle für die Schwere des Unfalls spielt demnach die Höhe der Fahrzeugfront, die vor allem bei Kindern Augenhöhe oder höher erreichen kann. Das sieht nicht nur gefährlich aus, sondern ist es auch.

Je höher die Motorhaube ist, desto mehr Kopfverletzungen gibt es, unabhängig von der Form der Front. Und je höher das Fahrzeug relativ zur Grösse der Unfallopfer war, umso schwerer waren laut Studie die Verletzungen.

Fussgänger, die von einem Fahrzeug mit niedriger Front angefahren werden, rollen normalerweise über die Motorhaube ab. Beim Zusammenstoss mit einer höheren Fahrzeugfront würden sie eher zu Boden gestossen oder nach vorne geschleudert und schlügen mit dem Kopf auf dem Boden auf, erläutern die Autor:innen. Auch das Risiko für Rumpf- und Beckenverletzungen steige.

Risikofaktor 2: Vertikale Fahrzeugfront

Ein anderer massgeblicher Faktor ist die Neigung der Fahrzeugfront. Fahrzeuge, deren Front fast senkrecht zur Strasse steht, verursachten mehr Brustverletzungen und schleuderten die Fussgänger beim Aufprall eher nach vorne.

Eine kurze Motorhaube, ein grosser Motorhaubenwinkel, ein grosser Windschutzscheibenwinkel und eine breite Windschutzscheibe andererseits verringerten das Risiko von tödlichen oder schweren Kopfverletzungen bei Fussgängern.

Verglichen mit einem Personenwagen, dessen Motorhaube höchstens 76 Zentimeter (30 Zoll) über dem Boden aufragt und dessen Kühlerpartie weniger als 65 Grad geneigt ist, sind Fahrzeuge mit hohen und stumpfen Profilen bei Zusammenstössen deutlich tödlicher.

In Zahlen: Fahrzeuge mit hohen und stumpfen Fronten erhöhten das Risiko tödlicher Verletzungen um 43,6 Prozent im Vergleich zu der niedrigen und geneigten Front. Bei hohen und geneigten Fronten stieg das Risiko um 45,4 Prozent. Bei mittelgrossen und stumpfen Fronten ergab sich eine Steigerung von 25,6 Prozent.

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Das Risiko, dass ein Zusammenstoss für einen Fussgänger tödlich ist, steigt mit der Höhe und fällt mit der Neigung der Fahrzeugfront. SUVs sind gegenüber Mittelklasselimousinen deutlich tödlicher. 30 Zoll entsprechen rund 76 Zentimetern, 40 Zoll etwa 102 Zentimetern.

Längere Motorhauben und grössere Windschutzscheibenwinkel hätten zwar ebenfalls eine Risikozunahme gezeigt, jedoch keine signifikante.

Die höhere Front mache SUVs auch gefährlicher für Velofahrende, weil sie diese tendenziell weiter oben treffe, stellte das IIHS im vergangenen Jahr ebenfalls fest.

Bedeutung für die Fahrzeughersteller

Die Ergebnisse der Studie liefern Hinweise darauf, wie Automobilhersteller ihre Fahrzeuge für Fussgänger sicherer gestalten können. Die Forschenden empfehlen niedrigere und stärker geneigte Fahrzeugfronten, um das Risiko tödlicher Verletzungen bei Zusammenstössen mit Fussgängern zu senken.


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine
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