Der Bundesrat – Neinsager vom Dienst

Marco Diener /  Sagt der Bundesrat zu einer Volksinitiative auch mal Ja? Nein!

Eigentlich ist es egal, ob SRG-Initiative, Kita-Initiative oder Umweltverantwortungs-Initiative: Wenn der Bundesrat eine Volksinitiative berät, dann sagt er am Schluss Nein.

Infosperber hat sämtliche Botschaften zu Volksinitiativen, die der Bundesrat in den letzten zehn Jahren zuhanden des Parlaments verabschiedet hat, angesehen. Es sind beinahe 50. Ohne Ausnahme hat sie der Bundesrat abgelehnt. Ganz so, als ob jede Volksinitiative unvernünftig wäre. Sogar die Formulierung ist immer gleich:

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Immer das Gleiche: Der Bundesrat empfiehlt, «die Initiative abzulehnen».

Nur manchmal, wenn der Bundesrat fürchtet, die Initiative könnte vom Volk angenommen werden, dann lehnt er die Volksinitiative zwar ab, unterbreitet dem Parlament aber einen Gegenvorschlag, über den dann das Volk abstimmen soll.

Aber eben: Normalerweise ist sich der Bundesrat seiner Sache so sicher, dass er die Volksinitiative ablehnt, ohne einen Gegenvorschlag zu erarbeiten. Erstaunlich ist allerdings, mit welchem Aufwand er sein Nein jeweils begründet. Bei der Kita-Initiative verfasste er – oder besser gesagt: verfassten die Angestellten der Bundeskanzlei und des Bundesamts für Sozialversicherungen – eine Begründung, die 130’000 Zeichen lang ist.

Bei der Steuergerechtigkeits-Initiative, zu welcher der Bundesrat einen Gegenvorschlag erarbeitet hat, sind es sogar 260’000 Zeichen. Umgerechnet auf Normseiten sind das 144 Seiten.

Übrigens: Letztmals hat der Bundesrat 2013 eine Initiative befürwortet – diejenige zur Abschaffung der «Heiratsstrafe». Allerdings pfiff ihn das Parlament sogleich zurück. Schliesslich empfahlen sowohl Bundesrat als auch Parlament dem Volk die Initiative zur Ablehnung. Genau gleich lief es 2007 beim «Verbandsbeschwerderecht».

Wer wissen will, wann Bundesrat und Parlament dem Volk letztmals Initiativen zur Annahme empfohlen haben, muss weit zurückblättern: Es waren 2002 die Initiative zum «Uno-Beitritt» und 1992 die Initiative für einen «Arbeitsfreien Bundesfeiertag».

Erst 26 Initiativen angenommen

Das Schweizer Volk hat seit 1893 über insgesamt 233 Volksinitiativen abgestimmt. Davon hat es bloss deren 26 angenommen. Das sind gerade mal 11,6 Prozent.

Auffallend: Mehr als die Hälfte dieser Volksinitiativen hat das Volk allein in diesem Jahrtausend angenommen (deren 14). Das hat aber nichts damit zu tun, dass das Volk seither besonders aufmüpfig geworden wäre, sondern damit, dass seit der Jahrtausendwende besonders viele Initiativen vors Volk gekommen sind (deren 106).

Und noch ein Kuriosum: Von 1949 bis 1982 hat das Volk während gut 33 Jahren keine einzige Initiative angenommen.


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Keine
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(Quelle: Infosperber) Link zum Originalpost