Emmen soll Stadt werden: «Wir wollen Vorort-Mentalität ablegen»
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Emmen soll sich künftig Stadt nennen. Das fordert der jüngste Einwohnerrat der Gemeinde mittels Vorstoss. Dieser ist so gut wie durch – denn fast die Hälfte des Einwohnerrats hat ihn unterzeichnet.
Vor mehr als zehn Jahren stand die Fusion der Gemeinde Emmen mit der Stadt Luzern noch im Raum. Die SP Emmen gehörte zu den Befürworterinnen, doch das Stimmvolk stemmte sich gegen die Aufnahme von Fusionsverhandlungen.
Heute weht ein anderer Wind. Emmen ist selbstbewusster geworden. Und Jonas Ineichen, der seit 2022 für die SP im Emmer Einwohnerrat sitzt, bringt die 2017 noch abgeschmetterte Idee, Emmen zur Stadt zu machen, wieder aufs politische Parkett – und erhält breite politische Unterstützung. Von einer Fusion mit der Stadt Luzern würde der 24-Jährige nichts halten, wie er im Interview mit zentralplus klarstellt.
zentralplus: Jonas Ineichen, was spricht für Emmen als Stadt?
JonasIneichen: Die Argumente sind ähnlich wie damals, im Jahr 2017. Emmen ist schlicht und einfach eine Stadt. Bislang wollte sie sich nur nicht so nennen. Dabei erfüllt Emmen alle Kriterien, die eine Stadt definieren. Infrastruktur, Kulturangebot, Einkaufsmöglichkeiten, Verkehrsanbindung – sogar einen eigenen Flugplatz hat Emmen.
zentralplus: Oft wird bemängelt, Emmen fehle es an einem echten Zentrum. Gibts Ihrer Meinung nach so was?
Ineichen: Wer die Entwicklung des Seetalplatzes beobachtet, erkennt, dass dort ein Stadtzentrum mit urbanem Charakter entsteht. Es wird sich dereinst über den Bahnhof Emmenbrücke hinaus erstrecken und bis ins Viscosi-Areal hineinreichen.
zentralplus: Doch kann ein Vorort eine Stadt sein?
Ineichen: Die Stadt Kriens kann das beispielsweise, ja. Man merkt, dass die Umbenennung Kriens geholfen hat, das Image zu verbessern. Emmen ist zudem mehr als nur ein Vorort, wie das Beispiel des Stadtzentrums am Seetalplatz zeigt. Wir wollen die Vorort-Mentalität ablegen. In Emmen kann man leben, ohne nach Luzern fahren zu müssen, weil es hier alles hat, was man braucht.
zentralplus: Fortschritt hat oft auch Schattenseiten. Muss Emmen bald gegen die Gentrifizierung ankämpfen?
Ineichen: Tatsächlich wird momentan viel gebaut in Emmen. Doch das Land, das momentan überbaut wird, liegt meist brach. Hier geht darum auch kein günstiger Wohnraum verloren. Dagegen würden wir uns als SP wehren.
zentralplus: 2017 scheiterten SP und Co. beim Versuch, die Gemeinde Emmen zur Stadt Emmen umzubenennen. Was ist heute anders?
Ineichen: 2017 waren FDP und SVP im Einwohnerrat in der Mehrheit. Inzwischen hat sich das Blatt gewendet: Mit den Politikerinnen und Politikern, die meine Motion unterzeichnet haben, ist sie fast schon durch.
zentralplus: Einwohnerräte der SP, der Grünen und Grünliberalen, der Mitte und der Bewegung «Frauen engagiert in Emmen» gehören zu Ihren Unterstützerinnen. Wieso ist die FDP nicht dabei?
Ineichen: Die FDP argumentiert vor allem mit den Kosten, die höher seien als der Nutzen. Doch im Gespräch mit einzelnen Liberalen wurde klar: Einige sind zumindest offen gegenüber der Idee, Emmen zur Stadt zu machen.
zentralplus: Wie argumentiert die SVP?
Ineichen: Bei der SVP ist die Ablehnung klarer spürbar. Sie ist generell gegen die Urbanisierung der Gemeinde und gegen höhere Einwohnerzahlen. Sie wollen den angeblich ländlichen Charakter Emmens, den es meiner Meinung nach nicht gibt, beibehalten.
zentralplus: Nun scheint in Emmen Aufbruchstimmung zu herrschen.
Ineichen: Das nehme ich auch so wahr. Und diese Aufbruchstimmung müssen wir unbedingt nach aussen tragen. Emmen hat noch immer einen schlechten Ruf – zu Unrecht. Mit der Umbenennung zur Stadt erhoffe ich mir einen nachhaltigen Impuls zur Weiterentwicklung des urbanen Emmens.
zentralplus: Wieso Emmen zur Stadt machen, statt mit der Stadt Luzern zu fusionieren?
Ineichen: Ich erachte die Fusion mit Luzern nicht wirklich als Vorteil für Emmen – ausser, dass damit wohl die Finanzprobleme unserer Gemeinde aus der Welt wären. Was wiederum die Stadt davon abhalten würde, mit Emmen fusionieren zu wollen.
zentralplus: Wie stehen Sie als Politikwissenschaftler zu Fusionen?
Ineichen: Als Politikwissenschaftler ist meine Einschätzung, dass sich Fusionen vor allem für kleine Gemeinden lohnen. Sie profitieren von Skaleneffekten: Eine grosse Verwaltung ist potenziell günstiger, als es zwei kleine Verwaltungen sind. Doch Emmen gehört zu den 30 grössten Schweizer Gemeinden. Bei über 30’000 Einwohnern entfallen die genannten Vorteile. Dass in Emmen diejenigen politisch mitbestimmen können, die von den Entscheidungen effektiv betroffen sind, spricht zusätzlich für die Eigenständigkeit.
zentralplus: Welche politischen Hürden sind noch zu nehmen, bevor Emmen zur Stadt werden kann?
Ineichen: Der Gemeinderat hat nun ein Jahr Zeit, sich mit der Motion zu befassen und sie zu beantworten. Weil die Gemeindeordnung angepasst werden müsste, wird eine Volksabstimmung nötig sein. Es dürfte noch mindestens zwei Jahre dauern, bis alles vorbereitet ist, um darüber abzustimmen.
zentralplus: Würden Sie als erster Stadtpräsident Emmens antreten?
Ineichen: Ich hab zwar überhaupt keine Ahnung, wo ich beruflich stehen werde, sollte Emmen in ein paar Jahren tatsächlich zur Stadt werden. Doch eins steht fest: Es würde mich mit Stolz erfüllen, das Amt des ersten Emmer Stadtpräsidenten ausüben zu dürfen.
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