Süssgetränke: Die britische Zuckersteuer wirkt

Daniela Gschweng /  Die Briten konsumierten schon nach einem Jahr mit der Soft-Drink-Steuer weniger Zucker, zeigt eine Auswertung.

Seit April 2018 gibt es in Grossbritannien die Zuckersteuer für Süssgetränke. Forschende der Universität Cambridge haben untersucht, wie diese den Zuckerkonsum der Britinnen und Briten beeinflusst hat.

In den ersten elf Monaten nach der Einführung nahmen sowohl Kinder als auch Erwachsene deutlich weniger Zucker zu sich als vorher, resümiert die im Magazin «Epidemiology & Community Health» veröffentlichte Studie. Der Zuckerkonsum sank jedoch schon, als die Steuer 2016 angekündigt wurde.

Mehrere Gramm Zucker weniger jeden Tag

Die Studie basiert auf repräsentativen Gesundheitsdaten von 7999 Erwachsenen und 7656 Kindern in Grossbritannien aus den Jahren 2011 bis 2019. Die Forschenden fanden heraus, dass während dieser Jahre der Zuckerverbrauch anfangs stetig sank.

Die Ankündigung der Zuckersteuer 2016 verstärkte den Trend deutlich. In den ersten elf Monaten nach ihrer Einführung konsumierten Kinder täglich rund 5 Gramm weniger zugesetzten Zucker, als nach der Fortschreibung der Daten zu erwarten gewesen wäre. Erwachsene nahmen 11 Gramm weniger Zucker zu sich. Nur etwa die Hälfte davon, nämlich 3 Gramm (Kinder) und 5 Gramm (Erwachsene) stammte aus Softdrinks.

GB-Zuckersteuer-Zeit-Zuckerkonsum
Konsum zugesetzten Zuckers aus Lebensmitteln bei britischen Erwachsenen (li.) und Kindern (re.) in Gramm pro Tag. Die Zuckersteuer in Grossbritannien trat im April 2018 in Kraft. Schon bei der Ankündigung der Steuer 2016 fiel der Zuckerkonsum deutlich.

Die britische Zuckersteuer, die so genannte Soft Drinks Industry Levy (SDIL), besteuert Erfrischungsgetränke gestaffelt nach Zuckergehalt:

  • Für Getränke mit einem Zuckergehalt von weniger als fünf Gramm pro 100 Milliliter wird keine Steuer erhoben.
  • Für Getränke, die zwischen 5 und 8 Gramm Zucker pro 100 Milliliter enthalten, beträgt die Abgabe 18 Pence pro Liter (21 Cent oder 20 Rappen).
  • Für Getränke mit mehr als 8 Gramm Zucker pro 100 Milliliter Getränk kostet der zugesetzte Zucker pro Liter 24 Pence (29 Cent, 28 Rappen).

Die empfohlene Zuckerzufuhr übertrifft fast jeder

Grossbritannien hat diese Abgabe eingeführt, weil das Land ein gewichtiges Problem hat. 2021 hatten über drei Fünftel (64 Prozent) aller Erwachsenen Übergewicht. Zum Vergleich: Im EU-Durchschnitt waren es 2019 etwas mehr als die Hälfte.

Einer der Gründe ist der hohe Zuckerkonsum. Besonders deutlich ist dieser Effekt bei Heranwachsenden. Die WHO und der wissenschaftlichen Beirat für Ernährung Grossbritanniens, SACN, empfehlen: Zugesetzter Zucker soll nur 5 Prozent der Kalorien in der Ernährung ausmachen.

Die britischen Gesundheitsbehörden empfehlen pro Tag maximal 30 Gramm Zucker für Erwachsene, 24 Gramm für Kinder bis 10 Jahre und 19 Gramm für Kinder bis 6 Jahre. Die Schweizer Empfehlung ist mit 50 Gramm für Erwachsene und 30 Gramm für Kinder grosszügiger. Sie richtet sich nach der empfohlenen WHO-Höchstmenge.

Empfehlung praktisch kaum einzuhalten

30 Gramm Zucker sind etwa drei Esslöffel Zucker, knapp 7 Stück Würfelzucker in der Schweiz oder 10 Stück Würfelzucker in Deutschland, wo Zuckerwürfel etwas kleiner sind.

In der Praxis konsumieren die meisten Menschen mehr Zucker. Ein Liter Coca-Cola enthält bereits 106 Gramm Zucker, eine Tafel Schokolade kann mehr als 50 Gramm enthalten, sogar ein einzelnes Joghurt kann die 30-Gramm-Grenze überschreiten. Auch vielen Lebensmitteln, die gar nicht süss schmecken, wird Zucker zugesetzt.

Heranwachsende in Grossbritannien nähmen etwa 70 Gramm Zucker pro Tag zu sich, schreiben die Autoren der Studie aus Cambridge. Eine wesentliche Quelle sind Süssgetränke. Bei britischen Kindern machten diese nach einer Studie von 2015 schon ein Drittel der Zuckerzufuhr aus.

Messbare gesundheitliche Erfolge

Wegen der Soft-Drink-Abgabe reduzierten Getränkehersteller den Zuckergehalt ihrer Produkte deutlich. «Enthielten 2015 noch fast 50 Prozent der im Supermarkt angebotenen Getränke mehr als fünf Gramm Zucker pro 100 Milliliter, waren es 2019 nur noch 15 Prozent», berichtet die deutsche «Tagesschau».

Die gesundheitlichen Erfolge seien messbar. Eine andere Studie der Universität Cambridge lege nahe, dass die Zuckersteuer Fettleibigkeit bei zehn- und elfjährigen Mädchen um acht Prozent verringert habe.

Auch die Zahngesundheit von Kindern verbesserte sich. Als Folge der Zuckersteuer wurden bis 2020 in Grossbritannien 12 Prozent weniger Minderjährige zum Ziehen von Zähnen ins Spital eingewiesen. Besonders ausgeprägt war dieser Effekt bei Kindern bis vier Jahren.

Laut «table.media» erheben bereits mehr als 100 Länder eine Steuer auf zuckerhaltige Erfrischungsgetränke. Die WHO empfiehlt eine Zuckersteuer in Höhe von mindestens 20 Prozent.


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine
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Weiterführende Informationen

(Quelle: Infosperber) Link zum Originalpost

«Es wäre schön, wenn es für Spitäler ein Ampelsystem gäbe»

Urs P. Gasche /  Die Qualität der Behandlungen ist für die Öffentlichkeit schwer zu beurteilen. Dazu der medizinische Direktor des Inselspitals.

Infosperber: Herr Professor Fiedler, gegenwärtig sind Sie ärztlicher Leiter des Medizinbereichs innere Medizin der Insel-Gruppe. Sie leiten zudem das Zentrum für Labormedizin, sind oberster Verantwortlicher für die ärztliche Nachwuchsförderung, für die Aus- und Weiterbildung der Ärzte und mitverantwortlich für die Anstellung des Topkaders. Überdies sind Sie auch noch zuständig für das Qualitätsmanagement. – Kommt bei dieser Aufgabenfülle die Kontrolle der Qualität der Behandlungen nicht zu kurz?

Martin Fiedler: Ich muss diese Aufzählung relativieren. Die ärztliche Endverantwortung haben die jeweiligen Klinikdirektorinnen und Klinikdirektoren. Die Anstellungen des Topkaders erfolgen durch die Universität Bern. Ich bin ex officio Mitglied der Berufungskommission und habe dabei nur eine Stimme[1]. Die Qualität der Behandlungen und die Patientensicherheit haben einen extrem hohen Stellenwert. Das automatisierte und moderne Zentrum für Labormedizin, für das ich verantwortlich bin, hat seit Längerem das höchste Qualitäts-Niveau, das es gibt. Auch in anderen Bereichen haben Qualitätsindikatoren und Transparenz die höchste Priorität.

Bereits im Jahr 1996 gab das Krankenversicherungsgesetz KVG dem Bundesrat die Kompetenz, «systematische wissenschaftliche Kontrollen zur Sicherung der Qualität» durchzuführen. Der Bundesrat delegierte – aus meiner Sicht sträflicherweise – seine Kompetenz an die Ärzteschaft und die Spitäler. Wie steht es aus Ihrer Sicht fast dreissig Jahre später um die wissenschaftlich erfasste Qualitätssicherung in Spitälern?

Ich kann nur für die Insel-Gruppe sprechen. Wir tun heute extrem viel. Das beweisen viele Qualitäts-Zertifizierungen. Ein interdisziplinäres Monitoring bei schweren Fällen ist bei uns Standard. Wir liefern dem Nationalen Verein für Qualitätsentwicklung in Spitälern (ANQ) Messergebnisse. 

Sie haben meine Frage nicht beantwortet: Haben die Spitäler seit 1996 die gesetzliche Vorgabe erfüllt und die Qualität mit «systematischen wissenschaftliche Kontrollen» erfasst?

Ich schaue ungern nach hinten, sondern lieber nach vorne. Ich bin einverstanden, dass wir rasch Fortschritte erzielen müssen. Im Inselspital sind wir schon sehr weit. Früher wurden Patientinnen und Patienten von einer fachspezifischen Abteilung in eine andere verschoben. Das Spital war – historisch gewachsen – in hierarchischen Silos organisiert. Die Patientinnen und Patienten mussten diese Silos durchlaufen. Heute dagegen sind klare Patientenpfade definiert vom Eintritt bis zur Operation und den Anschlussbehandlungen. 

Dazu haben wir am 2. März 2024 als erste universitäre Spitalgruppe im deutschsprachigen Raum das neue Klinikinformations- und Steuerungssystem KISS des Software-Herstellers Epic eingeführt. Es verbindet alle Fachbereiche und Berufsgruppen. Wir übernehmen damit in der digitalen Medizin eine Vorreiterrolle. Alle Behandelnden haben Zugang zu sämtlichen Daten, was die Qualität und die Sicherheit der Behandlung erhöht. 

Auch die Patientinnen und Patienten selber haben mit einer Gratis-App Zugang zu den eigenen Gesundheitsinformationen und können zum Beispiel auch Behandlungstermine online verwalten. Zuweisende Hausärztinnen und Hausärzte sowie Spezialistinnen und Spezialisten können sich registrieren und klinische Befunde sowie Labortests einsehen, Behandlungstermine online abrufen und Patientinnen und Patienten zum Spital zuweisen.

In der Schweiz erhalten jedes Jahr fast 50’000 Frauen und Männer zum ersten Mal ein neues Knie- oder Hüftgelenk. Manche Orthopäden interessieren sich nicht mehr für ihre Patientinnen und Patienten, nachdem diese das Spital verlassen haben. Ob und wie sich die Implantate und die gewählten Operationsmethoden nach einem oder nach fünf Jahren bewähren, scheint manchen Chirurgen egal zu sein. Ich kenne Leute, die sich im Inselspital operieren liessen und nachher nie mehr etwas vom Chirurgen oder vom Spital hörten. Wo bleibt die Qualitätskontrolle?

Das Interesse der Chirurginnen und Chirurgen ist bestimmt da. Sie schauen die Nachversorgung an. Eine systematischere Nachkontrolle wäre jedoch sicher zu begrüssen.

Josef E. Brandenberg erklärte im Jahr 2007 als Präsident des Chirurgenverbands FMCH an einer Pressekonferenz: Das neue Register SIRIS für Implantate werde es erlauben, «erstmals Qualitätsvergleiche zwischen Produkten, Spitälern und opererierenden Ärztinnen und Ärzten zu machen».
Wo finden Interessierte heute diese Qualitätsvergleiche?

Der ANQ verarbeitet und veröffentlicht die SIRIS-Daten…

…aber nur die Fallzahlen der Spitäler, nicht die Fallzahlen der Chirurgen, wie von Brandenberger vor 17 Jahren versprochen.

Bei hochspezialisierten Operationen stehen immer ganze Teams im Einsatz. Entscheidend ist deshalb, wie häufig ein Eingriff in einem Spital vorgenommen wird. Das ist auf der ANQ-Homepage öffentlich einsehbar.

Trotzdem ist es für die Öffentlichkeit sehr schwierig herauszufinden, welches Spital für bestimmte Eingriffe bessere Behandlungsresultate aufweist als andere.

Es wäre schön, wenn es ein Ampel- oder Sternesystem gäbe. [Red. In den USA beispielsweise vergeben die Centers for Medicare & Medicaid Services wie bei Hotels fünf Sterne unter Berücksichtigung von Mortalität, Sicherheit, ungeplante Nachbehandlungen, Patientenbeurteilung und zeitnahe und effektive Behandlung.]

Ganz clevere Chirurgen beteiligen sich finanziell an Firmen, welche Implantate herstellen. Oder sie profitieren von geldwerten Leistungen, wenn sie ein bestimmtes Gelenk-Fabrikat bevorzugen. Der Fall des Berner Star-Orthopäden Max Aebi ist noch in Erinnerung. Er besass Kaufoptionen auf Aktien der Firma, die das von ihm propagierte Implantat herstellte. Das Implantat zerbröselte mit der Zeit. 
Frage: Ist heute garantiert, dass kein Chirurg mehr Aktien oder Kaufoptionen einer Herstellerfirma hält oder von einer Herstellerfirma sonstwie finanziell profitiert?

Das Inselspital würde solche Interessenkonflikte nicht tolerieren. Alle Nebentätigkeiten und -einkünfte müssen deklariert werden, so dass solche Interessenkonflikte sichtbar würden. Verstösse würden disziplinarisch sanktioniert.

Nach dem Einsetzen von Knie- oder Hüftprothesen erfassen manche Spitäler vor und nach der Operation und bis zu fünf Jahren nach der Operation mit standardisierten Fragebogen, wie beweglich die Operierten wieder werden. Solche Fragebogen, PROMs genannt (Patient Reported Outcome Measurements) sind einsetzbar bei neuen Knie- oder Hüftgelenken, bei Wirbelsäulenoperationen, bei Herzoperationen, Dickdarmoperationen oder Organtransplantationen.
Ich habe das Inselspital gebeten, mir Kopien der verwendeten Fragebogen zu schicken. Vergeblich.

PROMs werden heute in der Insel-Gruppe dezentral in den jeweiligen Kliniken erfasst. Eine zentrale Koordination der verschiedenen Fragebogen wird im Rahmen des neuen Klinikinformations- und Steuerungssystems KISS geprüft. Beiliegend der PROM-Fragebogen, den die Wirbelsäulenchirurgie verwendet.  

Die Hirslanden-Spitäler haben in Bern ein Prothetikzentrum eröffnet, wo die Behandlungsresultate mit diesen international etablierten Fragebögen kontrolliert werden. Die Patienten füllen diese PROMs für künstliche Knie– und Hüftgelenke vor der Operation und bis fünf Jahre nach der Implantation eines Knie- oder Hüftgelenks mehrmals aus. Warum verwendet das Inselspital nicht die gleichen PROMs? Dann könnte die Behandlungsqualität der Insel mir derjenigen des Hirslandenzentrums und anderer Spitäler verglichen werden.

Wichtig ist, dass man solche PROMs überhaupt braucht und auswertet.
Doch wir müssen in der Schweiz zu vergleichbaren Standardisierungen kommen. Das unterstütze ich voll und ganz. Beispielsweise beteiligt sich die Insel-Gruppe am Pilotprojekt OpenPROMS, welches von der Eidgenössischen Qualitätskommission finanziert ist (Red. Pilotprojekt zur sektorübergreifenden Implementierung eines vollständigen, international etablierten und validierten PROMs-Sets für relevante Krankheiten und Operationen). Wobei klar ist, dass dies nicht bei allen Behandlungen möglich und das Erfassen von vergleichbaren Daten sehr herausfordernd ist.

Ein Qualitätsindikator ist ja auch die Häufigkeit ungeplanter Nachbehandlungen. Nach dem Einsetzen von Hüft- und Knieprothesen in den Jahren 2017 bis 2020 musste man im Inselspital im Zeitraum von zwei Jahren nach den Operationen mehr als doppelt so viele Revisions-Operationen machen wie im Durchschnitt der Schweizer Spitäler.  

Bei uns im Inselspital ist die Orthopädieabteilung gleichzeitig für die Unfallchirurgie zuständig. Wir haben hier im Inselspital auch das zentrale Traumazentrum. In Zürich beispielsweise verteilen sich die Notfälle im Gegensatz zu Bern auf verschiedene Spitäler. In Bern werden die meisten elektiven (nicht notfallmässigen) Knie- und Hüftprothesen in Spitälern mit privater Trägerschaft eingesetzt und nicht im Inselspital. Im Gegensatz zu früher erfassen wir heute die Komplexität der Fälle, so dass dies bei kommenden Vergleichen klar ersichtlich ist.

Nach Operationen des Dickdarms (Colon) kam es im Inselspital zu 160 Prozent mehr Infektionen als im Durchschnitt der Schweizer Spitäler. Alle anderen Universitäts- und Kantonsspitäler schnitten deutlich besser ab. Nach Dickdarm-Operationen war das Infektionsrisiko im Inselspital schon in den Jahren 2017 bis 2018 und 2019 bis 2020 signifikant grösser als in anderen Universitäts- und Kantonsspitälern. Das erweckt den Eindruck, dass man nicht genügend Massnahmen ergriffen und deshalb Patientinnen und Patienten fahrlässig gefährdet hatte.

Dieser Eindruck ist falsch. Es sind die gleichen Operationsteams, die für Dickdarm und Mastdarm (Rectum) zuständig sind. Würden diese Teams systematisch ungenügende Qualität liefern, müsste es auch nach Mastdarm-Operationen zu ungewöhnlich vielen Infektionen kommen. Bei den Mastdarm-Operationen hatten wir jedoch nie eine überdurchschnittliche Infektionsrate. 
Die hohen Infektionsraten bei den Dickdarm-Operationen sind darauf zurückzuführen, dass wir im Inselspital überwiegend schwere Fälle behandeln. Die «normalen» Fälle gehen in Bern in andere Spitäler. Das geht aus den erfassten Komplikations- und Risikokriterien der eingelieferten Patientinnen und Patienten klar hervor.

Warum ist denn der ANQ nicht in der Lage, diese erfassten Risikofaktoren beim Vergleich der Infektionsraten zu berücksichtigen?

Der ANQ erklärt selber, dass unterschiedliche Infektionsraten nichts mit der medizinischen Qualität zu tun haben müssen. Die Risikofaktoren sind eben nicht ausreichend erfassbar. Im Inselspital behandeln wir eine Selektion von besonders schweren Fällen. Wir haben extrem viel unternommen, um Infektionen auch bei diesen schweren Fällen zu vermeiden. Der Vorwurf, wir hätten auf die Statistik des ANQ zu wenig reagiert, ist nicht berechtigt.

Der Erfolg oder Misserfolg der einzelnen Operationsmethoden kann mit folgenden Daten erfassst werden – alle unter Berücksichtigung von Alter und bestehenden Grunderkrankungen:

  1. Wieviel Prozent der PatientInnen sind nach Wirbelsäulenoperationen gelähmt?
  2. Wieviel Prozent müssen ein zweites Mal nicht geplant operiert werden?
  3. Wie lange geht es bis zur vollen Arbeitsfähigkeit?
  4. Wie viele physische Beeinträchtigungen bleiben bestehen?

Erfasst das Inselspital diese Resultate der Behandlungen?

Seit zwei oder drei Jahren erfasst das SIRIS-Register ausgewählte Rückenoperationen. Verpflichtend sind folgende Eingriffe: Spondylodesen im lumbalen Bereich (Red. Versteifungen der Wirbelsäule im Lendenbereich), Vertebroplastik (Red. Gebrochener Wirbel wird mit Knochenzement stabilisiert) und die Kyphoplastik (Red. Minimal-invasives Verfahren zur Therapie von Wirbelfrakturen der mittleren und unteren Brustwirbelsäule und Lendenwirbelsäule).
Die Neurochirurgie und die Orthopädie sind da involviert.

Kommen wir zu vermeidbaren Pannen und Fehlern. Vor vier Jahren hat die Swissmedic das Inselspital gebüsst, weil dieses in den Jahren 2016 und 2017 fast hundert «schwerwiegende Vorkommnisse» der Swissmedic nicht gemeldet hatte. Es habe sich «um äusserst gravierende Ereignisse gehandelt, die allesamt zu schwerwiegenden Gesundheitsbeeinträchtigungen bis hin zum Tod führen könnten». Es ging u.a. um Hüftprothesen, Stents und Herzpumpen. Auch hier hat die Führung des Inselspitals nicht sofort für Remedur gesorgt. Im rechtskräftigen Strafbefehl vom Jahr 2020 hiess es: «Das vorliegende Strafverfahren verdeutlicht, dass nach wie vor schwerwiegende Vorkommnisse, welche das Leben oder die Gesundheit einer Vielzahl von Patienten unmittelbar gefährden oder gefährden könnten, nicht gemeldet werden.»
Warum wurde das Inselspital damals zu einer Wiederholungstäterin? Ist heute garantiert, dass «schwerwiegende Vorkommnisse» lückenlos gemeldet werden?

Die Insel-Gruppe hat die Mängel sehr ernst genommen und geeignete und wirkungsvolle Korrekturmassnahmen ergriffen. Heute ist der Prozess der Vigilanz von Medizinprodukten in der Insel-Gruppe etabliert, und die Pflicht, (potentiell) schwerwiegende Vorkommnisse im Zusammenhang mit der Anwendung von Medizinprodukten an Swissmedic zu melden, wird adäquat umgesetzt.
Auch der Vigilanz von Blutprodukten (Hämovigilanz) und Arzneimitteln (Pharmakovigilanz) misst die Insel-Gruppe grosse Bedeutung bei. (Ausführliche Antwort in Fussnote[2])

Jetzt zu falschen finanziellen Anreizen: Die Finanzen eines Spitals sehen besser aus, wenn Ärzte kompliziertere Diagnosen stellen als nötig. Oder wenn Chirurgen eilig – oder voreilig – operieren, statt abzuwarten. Stimmen Sie dieser Diagnose zu?

Nein, wirklich nicht. Am Inselspital haben wir heute fixe Löhne. Und wir haben eher zu wenig Operationssäle, so dass bei uns sicher nicht zu häufig operiert wird.

Angestellte Chirurgen sollen keinerlei finanzielle Zuschläge erhalten, wenn sie häufiger operieren. Sind Sie damit einverstanden?

Ja. Solche Zuschläge gibt es bei uns nicht. Wir haben wie gesagt fixe Gehälter. 

Jetzt geht es noch um vermeidbare Pannen und Irrtümer. Die Folgen sind längere Spitalaufenthalte, Komplikationen und Nachbehandlungen. Vor zehn Jahren (2014) erklärte das BAG: «Jeder zehnte Spitalpatient erleidet einen gesundheitlichen Schaden und die Hälfte dieser Schäden wäre vermeidbar.» Das sind 2000 bis 3000 vermeidbare Todesfälle pro Jahr und rund 60’000 vermeidbare gesundheitliche Schadensfälle. Im Jahr 2020 musste Gesundheitsökonom Heinz Locher erneut feststellen: «Wir haben in der Schweiz noch 2000 vermeidbare Todesfälle.» 
Dies, obwohl es in Schweizer Spitälern schon lange das Meldesystem CIRS gibt: Pannen und Fast-Pannen oder das Nichteinhalten von Hygienefehlern werden zentral gemeldet, um Massnahmen ergreifen zu können. Ist dieses Meldesystem unzureichend?

Die genannten Zahlen zur Schweiz wurden von WHO-Zahlen abgeleitet. Ich weiss nicht, woher Herr Locher seine Zahlen hat. Ich kann für das Inselspital sprechen: Unser Meldesystem ist äusserst sensitiv. Das Personal kann vermutete Fehler oder Unterlassungen anonym melden, so dass es keine Nachteile befürchten muss.

Bei der Wartung von Flugzeugen werden Pannen und Fehler viel akribischer verfolgt und es wird schneller daraus gelernt als bei Pannen und Fehlern in Spitälern. Kann ein Grund sein, dass bei einem Flugzeugabsturz auch der Pilot und die Flugzeug-Crew tot sind, während die Chirurgen und ihre Teams in Spitälern stets am Leben bleiben?

Ärztinnen, Ärzten und Pflegenden geht es sehr nahe, wenn Fehler passieren. Es geht um Beziehungen von Mensch zu Mensch. Auch gibt es in Spitälern keine Hierarchien mehr wie früher, welche einer Fehlervermeidungskultur hinderlich waren. Unsere Mechanismen, um aus Beinahepannen und Fehlern zu lernen, sind sehr gut implementiert.


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FUSSNOTEN
[1] Das Anstellungsverfahren ist aufwendig und geschieht wie folgt:
«Eine Berufungskommission bestehend aus dem Dekan, dem ärztlichen Direktor, FachkollegInnen, VertreterInnen des Mittelbaus, der Pflege und der Gleichstellung wählen nach einem Symposium, Interviews sowie Gutachten von externen Kolleginnen und einem Assessment i.d.R. drei potentielle Kandidatinnen aus und rangieren diese. Dieses Votum muss dann von der Fakultätsleitung und dem Fakultätskollegium bestätigt werden. Dann wird der Wahlvorschlag der Universität übergeben. Die Universitätsleitung muss dann ebenfalls die Wahl bestätigen. Sie eröffnet die Verhandlung mit der/dem erstplatzierten Kandidatin/Kandidaten. Die eigentliche Verhandlung erfolgt dann mit dem Dekan und dem ärztlichen Direktor, wobei ersterer die Belange in Forschung & Lehre, letzterer die klinischen Angelegenheiten verhandelt. Zum Abschluss erhält die/der gewählte Kandidatin/Kandidat einen Arbeitsvertrag von der Universität und eine Vereinbarung über die Fach- & Führungskomponente vom ärztlichen Direktor. Nur diese Vereinbarung unterzeichne ich gemeinsam mit der HR-Direktorin und dem CEO. Der eigentliche Anstellungsvertrag wird von der Rektorin unterzeichnet.» 

[2] Weitere Erläuterungen des Inselspitals:
«Der Strafbescheid bezieht sich auf die Jahre 2016 und 2017. Es ist so, dass die Meldequalität betreffend Vorkommnissen mit Medizinprodukten mangelhaft war. Die Insel Gruppe hat die Mängel sehr ernst genommen und geeignete und wirkungsvolle Korrekturmassnahmen ergriffen. Heute ist der Prozess der Vigilanz von Medizinprodukten in der Insel Gruppe etabliert, und die Pflicht, (potentiell) schwerwiegende Vorkommnisse im Zusammenhang mit der Anwendung von Medizinprodukten an Swissmedic zu melden, wird adäquat umgesetzt. Wir haben diesbezüglich positive Rückmeldungen von Swissmedic erhalten, beispielsweise zu den getroffenen Massnahmen.
Die Insel Gruppe legt nicht nur grossen Wert auf die Vigilanz von Medizinprodukten. Auch der Vigilanz von Blutprodukten (Hämovigilanz) und Arzneimitteln (Pharmakovigilanz) misst die Insel Gruppe grosse Bedeutung bei. Die Insel Gruppe hat beispielsweise seit 2017 die klinische Pharmakologie in der Universitätsklinik für Allgemeine Innere Medizin aufgebaut.
Der Insel Gruppe ist es wichtig, bestehende Prozesse im Sinne eines kontinuierlichen Verbesserungsprozesses stets zu optimieren und die Qualitätsentwicklung voranzutreiben. Die Vigilanz von Medizinprodukten, Blutprodukten und Arzneimitteln ist ein herausforderndes und komplexes Thema, das eine kontinuierliche Sensibilisierung der Anwenderinnen und Anwender, Wiederholung der Schulungen sowie unablässige Unterstützung durch die Direktion verlangt, damit sämtliche meldepflichtigen Vorkommnisse korrekt gemeldet werden.»


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Etliche Corona-Massnahmen waren entweder unnötig oder schädlich

Detlev H. Krüger / Klaus Stöhr /  Im Umgang mit Seuchenausbrüchen gibt es wissenschaftliche Regeln. Bei Corona hat man sich oft nicht daran gehalten.

Red. – Dieser Beitrag erschien zuerst in der «Berliner Zeitung».

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Die Covid-19-Pandemie hat tief in das Leben aller Menschen eingegriffen – wobei dieser Eingriff nicht nur durch die Infektionskrankheit selbst, sondern auch durch die Massnahmen der Regierung erfolgte. Die Herausforderungen durch die schnelle, weltweite Verbreitung eines neuen, für einige Bevölkerungsgruppen sehr gefährlichen Virus waren enorm und mussten von den politischen Verantwortlichen gemeistert werden.

Wenn heute eine Aufarbeitung der damaligen Vorgänge gefordert wird, sollte das vorrangige Ziel dabei sein, Lehren für den gesellschaftlichen Umgang mit grossen Infektionsausbrüchen (z.B. durch Influenzaviren) zu ziehen, die auch in der Zukunft nicht auszuschliessen sind. Selbstverständlich sollte es aber auch darum gehen, als fehlerhaft erkannte Entscheidungen zurückzunehmen, wenn dies noch möglich ist.

Bei der öffentlichen Diskussion der staatlichen «Corona-Massnahmen» dominieren gegenwärtig zwei Fragen:

Welche der Massnahmen haben die Übertragung des Virus wirksam reduziert, und welche der Massnahmen waren in dieser Hinsicht wenig wirksam oder sogar wirkungslos?

Wie war das Verhältnis von gesundheitlichem Nutzen und kollateralen Schäden der Massnahmen, zum Beispiel in Bezug auf die physische und psychische Gesundheit, auf Wirtschaft, Kultur und die freiheitlich-demokratische Gesellschaft insgesamt?

Für eine umfassende Analyse sollten jedoch zwei weitere Punkte hinzukommen:

Erstens: War wirklich die Reduktion der Virusübertragung am wichtigsten, oder sollte nicht eher die Reduktion der Krankheitslast für die Bevölkerung das Ziel gewesen sein?

Zweitens: Waren ab einem bestimmten Zeitpunkt des mehrjährigen Infektionsgeschehens sogar die «wirksamen» Massnahmen zumindest für junge und gesunde Menschen unnötig, weil sie die Ausbildung einer notwendigen Gruppenimmunität in der Bevölkerung verzögerten und damit das Pandemie-Geschehen eher verlängerten?

Eigentlich gibt es Regeln zum Umgang mit Seuchenausbrüchen

Die Bekämpfung neu auftretender Infektionskrankheiten erfolgt in einem abgestuften Prozess mit den drei Kernelementen:

1. Containment (Eindämmung)

2. Protection (Schutz der Vulnerablen)

3. Mitigation (Folgenminderung).

In der ersten Phase des Ausbruches wird eine Eindämmungsstrategie verfolgt mit dem Ziel, die weitere Ausbreitung des Erregers von den primären Ausbruchsorten so weit wie möglich zu verhindern oder wenigstens noch zu verlangsamen.

Da sich bei Pandemien die Verbreitung nicht komplett stoppen lässt, muss man gleichzeitig auch den Schutz vulnerabler Bevölkerungsgruppen (bei Covid-19 sind dies insbesondere alte und vorerkrankte Menschen) beginnen (Protection), der dann zum zentralen Bestandteil der Bekämpfung werden sollte, wenn die Verlangsamung der Ausbreitung nicht mehr ausreichend gelingt. Das Containment wird schrittweise wirkungslos nach der einsetzenden freien Zirkulation des Erregers, weil die Infektionsketten nicht mehr wirksam nachzuverfolgen sind.

Die Autoren dieses Artikels

Professor Dr. med. Detlev H. Krüger war von 1989 bis 2016 Direktor des Instituts für Virologie der Charité Berlin. Er wirkte gleichzeitig viele Jahre unter anderem als Vorstand der Gesellschaft für Virologie, Stellvertretender Vorsitzender des Wissenschaftlichen Beirats des Paul-Ehrlich-Instituts (Bundesinstitut für Impfstoffe und biomedizinische Arzneimittel) sowie als Editor-in-Chief der Fachzeitschrift „Virus Genes“ (Verlag Springer-Nature, New York).

Professor Dr. Klaus Stöhr arbeitete von 1992 bis 2007 im Hauptquartier der WHO in Genf unter anderem als Koordinator der globalen Sars-Forschung, als Pandemiebeauftragter der WHO und leitete über viele Jahre das Globale Influenzaprogramm der WHO. Sein internationales Team entdeckte das Sars-CoV-1-Virus. Ab 2007 arbeitete er in der Forschung und Entwicklung von Impfstoffen bei Novartis und später in der Firmenzentrale in Basel. Seit 2018 ist er freier Konsultant.

Während des gesamten Ausbruches muss eine Folgenminderungsstrategie (Mitigation) Teil der Überlegungen sein, um die gesundheitlichen Auswirkungen des Infektionsgeschehens so weit wie möglich zu minimieren und gleichzeitig die Kollateralschäden für die Gemeinschaft und das soziale Leben möglichst gering zu halten. Unbekannt waren diese Prinzipien des Seuchenschutzes nicht; wurden sie doch noch am 13. Februar 2020 im Epidemiologischen Bulletin des Robert-Koch-Instituts bekräftigt.

Dass das Containment auch noch im Winter 2020/21 aufrechterhalten wurde, obwohl die Ausbreitung gar nicht mehr effizient verlangsamt werden konnte, war vielleicht noch verständlich, da der Impfstoff noch nicht zur Verfügung stand. Aber auch in den Folgemonaten und -jahren konnte man sich nicht entschliessen, das massive Containment aufzugeben, und hat die Kollateralschäden der Massnahmen für die Gesellschaft billigend in Kauf genommen.

Trugschluss Zero Covid

Mehr noch, in der Politikberatung durch «die» Wissenschaft setzte sich eine gefährliche Meinung durch: Basierend auf theoretischen Modellrechnungen wurde postuliert, man könne die Infektionsrate entscheidend senken oder das Virus sogar «ausrotten», wenn man die Containment-Massnahmen nur einmal richtig verschärfen würde; danach könne man mit geringem Aufwand die Infektionsrate weiter niedrig halten oder sogar gegen Null bringen (Zero-Covid).

Diese Idee beruhte jedoch auf einem Trugschluss: Da sich so keine Immunität in der Bevölkerung entwickeln könnte, würde jede «Lockerung» des strengen Regimes sofort zu einem rasanten Wiederaufflammen des Infektionsgeschehens führen. Dies haben auch die Vorgänge in China nach Beendigung der massiven Freiheitsbeschränkungen gezeigt.

Jeder Verweis auf die etablierten Methoden zur Seuchenbekämpfung wurde reflexartig als Infragestellen der Massnahmen und ihrer Sinnhaftigkeit gewertet und zog einen medialen Sturm der Entrüstung nach sich.

Dabei war von Anfang an klar, dass zum Beispiel das Infektionsrisiko an frischer Luft äusserst gering ist (man brauchte also eigentlich keine Senioren von Parkbänken zu verjagen oder den Kindern ihre Spielplätze zu sperren), dass bei rapider Infektionsausbreitung die sogenannte «Kontaktnachverfolgung» durch überlastete Gesundheitsämter nicht zu schaffen ist (und diese Ressourcen nicht nur bei der Umsetzung der Hygienekonzepte in den Alten- und Pflegeheimen fatal fehlen würden), oder dass das Coronavirus als Atemwegsvirus nicht durch Desinfektion von Tischen in Gaststätten bekämpft werden kann. Die Liste der Beispiele liesse sich beliebig fortsetzen.

Dass entsprechend den Regeln des Seuchenschutzes vor allem die Vulnerablen geschützt werden müssten (Protection/Mitigation), wurde nicht akzeptiert – die Vulnerablen sollten im Zuge eines allgemeinen Lockdowns der Gesellschaft gewissermassen «mitgeschützt» werden.

Der allgemeine Lockdown (also ein «Dauer-Containment») besonders in den Sommermonaten hatte aber nicht nur die bekannten tragischen Konsequenzen für die Gesellschaft, sondern führte auch dazu, dass zum Beispiel die Winterpeaks noch stärker wurden, weil sich die gegen das Virus schützende Immunität besonders bei den Kindern nur verlangsamt ausbildete.

Das Virus passte sich an den Wirt an und wurde infektiöser, aber harmloser

Alle Viren machen bei ihrer Vermehrung in der Wirtszelle «Fehler», ihr Erbmaterial erleidet Veränderungen (Mutationen). Ob sich die neuen genetischen Varianten (Mutanten) in der Umwelt durchsetzen, hängt davon ab, ob sie besser als ihre Vorgänger vermehrungsfähig sind und der Immunabwehr des Wirts entgehen.

Bei Wechsel eines Virus vom Tier auf den Menschen werden sich also solche Mutanten durchsetzen, die sich besonders gut an die Vermehrung im Menschen angepasst haben. Das Virus wird damit «infektiöser» und breitet sich in der Bevölkerung effizienter aus, gleichzeitig ist es für den neuen Wirt in der Regel weniger krankmachend. Deshalb bestand von Anfang an die berechtigte, aber leider weitgehend unberücksichtigte Forderung, die Gefährlichkeit des Virus und des Infektionsgeschehens nicht an der «Infektionsinzidenz», sondern an der wirklichen Krankheitslast in der Bevölkerung festzumachen.

Stattdessen wurde jeder Nachweis von neuen Virusmutanten in Patienten (oder sogar im Abwasser) in den Medien kolportiert und der Bevölkerung als Begründung für die Aufrechterhaltung oder sogar Verschärfung der «Corona-Massnahmen» präsentiert: Berater der Bundesregierung sind in diesen Tenor mit eingefallen.

Spätestens das Auftreten der Omikron-Varianten des Virus ab Anfang 2022 ging aber mit einer deutlich geringeren Krankheitslast der Coronavirusinfektion für den Menschen einher. Die sich effizient in der Bevölkerung ausbreitenden Omikron-Varianten haben dazu geführt, dass eine Infektion grösserer Bevölkerungsgruppen mit einem geringeren Anteil von schweren klinischen Fällen auftrat. Dies resultierte in der natürlichen «Durchimmunisierung» breiter Teile der Bevölkerung – und führte damit zum Ende des herausragenden Infektions- und Krankheitsgeschehens der Pandemie und zum schrittweisen Übergang in das gegenwärtige endemische Geschehen.

Das Sars-Coronavirus-2 wird, genau wie die bereits beim Menschen zirkulierenden weiteren Coronaviren, auch in Zukunft für einen Teil der jährlichen Atemwegsinfektionen verantwortlich bleiben. Wir werden mit ihm leben können, so wie wir mit vielen anderen Viren leben.

In dieser Situation wurde übrigens erneut deutlich, wie wichtig eine Unterscheidung zwischen «an Corona» und «mit Corona» Erkrankten oder sogar Verstorbenen gewesen wäre, die leider nicht erfolgt ist: Durch Infektion mit dem sich effizient ausbreitenden Virus waren viele Patienten, die wegen Verkehrsunfall, Herzinfarkt oder aus vielen anderen medizinischer Gründe in die Klinik kamen, beim Routinetest positiv für Corona gefunden worden und gingen als «Covid-19-Fälle» in die Statistik ein, ohne dass die Infektion ursächlich für die Hospitalisierung oder gar den Tod war. Über die Verzerrung der Statistiken kann man nur spekulieren.

Die Impfung – entwicklungstechnische Tempoleistung und Politikum

Die Entwickler der schnell fertiggestellten Impfstoffe zielten darauf ab, die Zahl schwerer Krankheitsverläufe zu reduzieren. Dies war für ältere und vorerkrankte Personen von grosser und zum Teil lebensrettender Bedeutung. Die Verhinderung von Re-Infektionen oder gar der Virusausscheidung nach Infektion waren keine erreichbaren Zielstellungen für die Impfstoffentwicklung.

Es war immer klar, dass die Impfung die Weitergabe des Virus von Mensch zu Mensch nicht entscheidend zu blockieren vermag: Die Impfung führt also zu einem gewissen Eigenschutz des Geimpften gegenüber der Erkrankung, nicht aber zu signifikantem Fremdschutz. Ursache dafür ist, dass ein injizierter Impfstoff nicht zur sterilen Immunität führt, da er wegen der Umgehung des Atmungstraktes keine ausreichende Schleimhaut-Immunität erzeugen kann.

Dennoch wurde das Thema Impfung politisch massiv aufgeladen und jeder Mensch, der die wiederholte Impfung ablehnte (aus welchen Gründen auch immer, zum Beispiel wegen schwerer Nebenwirkungen bei der Erstimpfung) mit Begriffen wie «unsolidarischer Pandemietreiber» diskreditiert. Gleichzeitig wurde massiver Impfdruck aufgebaut, beispielsweise durch die noch gut bekannte «2G (Geimpft/Genesen)-Regelung» als Voraussetzung zur Teilnahme am öffentlichen Leben.

Rhetorisch fokussierte sich die Politik unverständlicherweise nicht auf die von der Impfung profitierenden Älteren und Vulnerablen, sondern besonders auf die Menschen, für die die Impfung nur einen marginalen gesundheitlichen Nutzen hatte: Jugendliche und junge Erwachsene. Behauptet wurde auch, dass die Impfung die Virusweitergabe «viel besser» verhindere als die durchgemachte Infektion (also der Status «Genesen»), obwohl jeder Medizinstudent lernt, dass die Vielfalt und Zusammensetzung der Proteinabschnitte des kompletten Virus im Organismus eine umfassendere Immunantwort hervorruft, als ein einzelnes Protein dies vermag.

Seit den alten Griechen ist bekannt, dass Arzneimittel Nebenwirkungen haben. Nicht umsonst bedeutet das Wort «Pharmakon» Arzneimittel und Gift zugleich. Trotz gegenteiliger Behauptungen fachfremder Politiker (wie auch von «Experten») war also von Anfang an klar, dass die Impfstoffe nicht «nebenwirkungsfrei» sein können. Heute fühlen sich viele Patienten mit Impfschäden alleingelassen, da sie den Eindruck haben, dass ihre Probleme nach dem Prinzip «Weil nicht sein kann, was nicht sein darf» ignoriert werden. So wie es dringend notwendig ist, die Ursachen von Langzeitfolgen nach der Covid-19-Erkrankung (Long Covid) besser zu verstehen und den Patienten wirksamer zu helfen, sollte dies ganz genauso für die Patienten mit Impfkomplikationen (PostVac-Syndrom) gelten.

Kinder: vom Virus wenig betroffen, aber umso mehr durch die Massnahmen

Bei Kindern verläuft die Infektion mit dem Sars-Coronavirus-2 in der Regel ohne Symptome oder nur mit leichter Erkrankung. Glücklicherweise sind schwere Verläufe sehr, Todesfälle durch die Infektion gar extrem selten. Anders als bei Infektionen mit dem Influenzavirus, bei denen Kinder eine Risikogruppe für schwere Erkrankungen darstellen, ist dies für das Coronavirus nicht der Fall.

All diese Tatsachen waren schon Anfang 2020 durch das Berichtsystem der Kinderkliniken und Daten aus China bekannt. Spätestens Ende 2020 lagen dazu auch solide Daten aus Deutschland vor und es war zudem klar, dass Kindergärten und Schulen keine «Hotspots» der Virusausbreitung waren, sondern Infektionen hier eher durch Erwachsene hineingetragen wurden.

Dennoch wurde kaum eine andere Bevölkerungsgruppe stärker mit Corona-Massnahmen überzogen. Kinder haben durch Isolation, Mangel an sozialer Teilhabe und Bildungsdefizite grossen Schaden genommen, psychische und körperliche Erkrankungen sind bei ihnen deutlich angestiegen.

Es war befremdlich zu erleben, dass kaum eine staatliche Organisation oder Lehrergewerkschaft, die dem Schutz der Kinder verpflichtet sein sollten, sich für deren Interessen einsetzte. Auch die Justiz tat es selten: So wurde die von einem der Autoren gutachterlich unterstützte Klage von Berliner Eltern auf Schulöffnung im Frühjahr 2021 vom Verwaltungsgericht zurückgewiesen.

Als letztes Argument für Schulschliessungen und all die anderen restriktiven Massnahmen wurde angeführt, dass infizierte Kinder zwar kaum selbst erkranken, aber doch ihre Grosseltern gefährden könnten. Das Einfordern einer «Solidarleistung» der Kinder lag auch dem Ansinnen zugrunde, an Kindern Corona-Impfungen vorzunehmen.

Dies war nicht nur sachlich schwer begründbar, sondern auch moralisch fragwürdig: Bei der Nutzen-Risiko-Abwägung für die durch das Virus kaum gefährdeten Kinder überwiegt das Risiko durch die Anwendung von nur kurz erprobten, bedingt zugelassenen Impfstoffen. Und selbst wenn es berechtigt wäre, von den Kindern eine «Solidarleistung» für die Gesellschaft zu verlangen: Die Impfung schützt gar nicht effektiv vor Virusweitergabe.

Warum endete die Pandemie?

Die Ausbreitung eines neuen, hochinfektiösen Virus wird begrenzt, wenn ein genügend grosser Anteil der Bevölkerung gegen dieses Virus eine solche Immunität entwickelt hat, die die Weitergabe des Virus verhindert oder erschwert – wodurch Infektionsketten unterbrochen werden. Es entwickelt sich dann ein sogenanntes endemisches Geschehen: Da die Immunität nicht alle Personen umfasst und in ihrer Stärke und Dauer Veränderungen unterliegt, zirkuliert das Virus auf niedrigem Niveau dauerhaft weiter, mit den bekannten saisonalen Peaks im Winter.

Die Re-Infektionen verlaufen dann in der Regel viel milder, bleiben häufiger unentdeckt, können aber selten – besonders bei Vulnerablen – auch schwer verlaufen. Ein solches endemisches Geschehen existiert für Infektionen durch andere humane Corona- oder Atemwegsviren schon seit langem.

Zum ersten Mal in der Menschheitsgeschichte stand während einer Pandemie ein Impfstoff in grossem Massstab zur Verfügung. Damit konnten schwere Krankheitsverläufe besonders bei den Vulnerablen oft vermieden und sicherlich auch viele Todesfälle verhindert werden. Eine ausreichende Immunität zum Übergang von der Pandemie mit den weit verbreiteten Ausbrüchen und schweren Verläufen in der Bevölkerung zur sogenannten Endemie konnte im Falle von Covid-19 allein durch die Impfung aber nicht wirksam erreicht werden, sondern es bedurfte auch der natürlichen Infektion mit dem Virus.

Die Corona-Pandemie endete für Deutschland nicht durch staatliche «Lockdown-Massnahmen», sondern – im Gegenteil – weil das Virus schlussendlich einen Grossteil der Bevölkerung infizierte. Diese Virusausbreitung in der Bevölkerung vollzog sich glücklicherweise ohne extreme Krankheitslast für die Menschen: Mit dem Auftreten der Omikron-Virusvarianten, die gegenüber den primären Varianten des Sars-Coronavirus-2 eine abgeschwächte Krankheitslast bedingten, sowie durch die bereits erfolgte Impfung grosser Teile der krankheitsanfälligen Risikogruppen verlor das Virus weitgehend seine Schrecken.

Dass man 2020 in der bedrohlichen Situation am Anfang der Pandemie mit möglichst vielen Mitteln die Ausbreitung des Virus und die Überlastung der Kliniken zu verhindern suchte, war richtig und verständlich. Danach hätte man sich aber schneller auf an die Situation angepasste und wirklich wirksame Massnahmen zur Protection/Mitigation konzentrieren müssen, um die massiven gesellschaftlichen Kollateralschäden abzumildern. Die sture Weiterführung der Massnahmen bis in das Jahr 2023 führte lediglich (soweit eine Reduktion der Übertragung des Virus bewirkt wurde) zu einer verzögerten Ausbreitung der für das Ende der Pandemie notwendigen Immunität in der Bevölkerung.

Fazit

Auch in der Zeit der Corona-Krise gab es nicht «die» eine Wissenschaft, die der Politik eindeutige Handlungsempfehlungen geben konnte, sondern ein Spektrum wissenschaftlicher Meinungen. Unverständlich bleibt, wieso das etablierte Wissen zur Bekämpfung von Infektionskrankheiten nicht nur von den tonangebenden Grundlagenwissenschaftlern und Politikberatern negiert wurde, sondern auch die Meinung von Fachgesellschaften (wie z.B. der Hygiene und der Kinder- und Jugendinfektiologie) in den Wind geschlagen wurde.

Wissenschaft lebt vom freien Austausch der Erkenntnisse und Ansichten; sie erleidet Schaden, wenn dieser Austausch mit der Behauptung einer «Alternativlosigkeit» und der Suggestion einer absoluten Wahrheit eingeengt werden soll.

Der wissenschaftliche Diskurs in der Corona-Zeit war keinesfalls zu breit oder gar «verwirrend», sondern wurde in Allianz mit Politik und Medien sehr einseitig dominiert. Es gibt deshalb zur Besorgnis Anlass, wenn nun von einzelnen Wissenschaftlern in Deutschland ein «wissenschaftliches Sprechmandat in der Öffentlichkeit» gefordert wird oder im geplanten «Pandemieabkommen» der Weltgesundheitsorganisation (WHO) eine «effektive Informationskontrolle zur Bekämpfung von Fehl- und Desinformationen» angestrebt wird.

Heute ist leider klar, dass etliche der in den Corona-Jahren von der Politik verordneten (und von «der» Wissenschaft wärmstens empfohlenen) Massnahmen entweder unnötig waren oder mehr Schaden als Nutzen gestiftet haben. Es würde sicherlich dem gesellschaftlichen Frieden dienen, wenn die wegen Verstosses gegen Corona-Vorschriften ausgesprochenen Strafen und Berufsverbote für die betroffenen Mitbürger noch einmal überprüft würden.

Was tun bei möglichen zukünftigen gefährlichen Pandemien? Hier einige Vorschläge: Schaden und Nutzen der einzelnen Massnahmen besser gegeneinander abwägen; Erhebung der relevanten Daten zur Einschätzung des Infektionsgeschehens und der Krankheitslast; evidenzbasierte Entscheidungen statt Abhängigkeit von der Deutungshoheit medienaffiner Politiker; Politikberatung durch eine breitere Gruppe von Experten verschiedener Wissens- und Erfahrungsgebiete; sachliche Information der Bevölkerung statt Schüren von Angst und Hysterie. Auch Pandemien dürfen den Rechtsstaat nicht ausser Kraft setzen.


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Horw – gewappnet gegen Cyberangriffe?

Hans Stampfli glaubt, dass die Horwer Verwaltung in Sachen Informationssicherheit einen guten Job mache. (Bild: Archivbild: Emanuel Ammon/Aura)

Wie gut ist die Gemeinde Horw gewappnet gegen Cyberangriffe und Vorfälle im Gemeindehaus? Das will Hans Stampfli (SVP) wissen. Er hat eine entsprechende Interpellation eingereicht.

Täglich lese man in der Presse und auf einschlägigen Websites, dass vertrauliche Informationen im Darknet landen oder verschlüsselt werden. Gleichzeitig würden Cyberkriminelle versuchen, die Besitzer der Daten zu erpressen. Das schreibt Hans Stampfli, Horwer Einwohnerrat (SVP) in einer neuen Interpellation.

Themen

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Pandemie-Ursprung: Was wir bisher wissen und was nicht

Mark Woolhouse /  Was die neuen Erkenntnisse zum Ursprung von Sars-CoV-2 aus Sicht eines Epidemiologen für Infektionskrankheiten bedeuten.

Red. – «Sars-CoV-2 stammt vermutlich von Wildtieren», berichteten diverse Medien jüngst mit Berufung auf eine neue Studie (Infosperber berichtete). Dazu nimmt Mark Woolhouse nun Stellung. Der Autor dieses Gastbeitrags ist Professor für Epidemiologie für Infektionskrankheiten an der Universität Edinburgh. Sein Artikel erschien zuerst bei «The Conversation». Infosperber veröffentlicht die deutsche Übersetzung (Titel, Vorspann und Zwischentitel von der Redaktion).

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Der Streit über den Ursprung von Covid war schon immer sehr lebhaft, aber inzwischen gleicht er mehr einer Schlägerei als einer wissenschaftlichen Debatte.

Nach Ansicht einiger Experten entstand die Corona-Pandemie auf dem Markt für lebende Tiere in der chinesischen Stadt Wuhan. Andere halten dagegen: Sars-CoV-2 (das Virus, das Covid verursachte) sei aus einem nahe gelegenen Labor entwichen, das Forschung mit ähnlichen Viren betrieben hat. Beide Szenarien sind plausibel.

In jüngster Zeit haben sich die Vertreter der [Tier-]Markthypothese sehr lautstark zu Wort gemeldet. Im anonymen Leitartikel einer führenden medizinischen Fachzeitschrift war im August die Rede von der «Hybris, die nötig ist, um alternative Hypothesen zu verfechten», und von «fantasievollen Ideen, die besser in triviale Spielfilme passen». 

Ein Kommentar in einer anderen Zeitschrift beklagte, Wissenschaftler würden schikaniert, wenn sie die Hypothese eines Laborunfalls ablehnten. Mit atemberaubender Scheinheiligkeit attackierte derselbe Kommentar dann aber eine Nachwuchswissenschaftlerin, welche die Laborhypothese vertritt, indem er ihre Argumentation als «Mutmassungen, Korrelationen und Anekdoten» abkanzelte.

Merkwürdigerweise keine Proben, bevor der Markt in Wuhan geschlossen wurde

Es besteht zumindest Einigkeit darüber, dass auf dem Markt von Wuhan das Virus zu finden war. Proben, die Anfang Januar 2020 von Marktständen und Abflüssen genommen wurden, enthalten genetisches Material von Sars-CoV-2. Die Zeitschrift «Cell» veröffentlichte kürzlich eine Analyse dieses Materials, die zeigen soll, dass die Viren auf dem Markt und die Viren der Pandemie beide von einem gemeinsamen Ursprungs-Virus abstammten.

Das klingt überzeugend, bis man realisiert, dass all diese erst Proben Wochen nach Beginn der Pandemie genommen wurden, und dass keine einzige von einem lebenden Tier stammte. Merkwürdigerweise wurden auch keine Proben genommen, bevor der Markt geschlossen und die Tiere vernichtet wurden. Vor allem aus diesem Grund halten die meisten Kommentatoren, ich eingeschlossen, die jüngsten Ergebnisse für hinweisend, aber nicht endgültig

Es ist ein Problem, dass keine Proben von Tieren vorliegen. Niemand glaubt daran, dass das Virus in Wuhan selbst entstanden ist. In der Natur kommen Sars-ähnliche Coronaviren bei Hufeisenfledermäusen vor, doch im Umkreis von 1500 km um Wuhan wurden keine infizierten Kolonien gefunden.

Die Viren, die auf dem Markt gefunden wurden, müssen also von irgendwoher dorthin gebracht worden sein. Aber in den Lieferketten der dort verkauften Tiere war kein Sars-CoV-2 zu finden.

Vielleicht hat nicht ein Tier, sondern ein Mensch Ende 2019 das Virus auf den Markt gebracht? Das ist durchaus möglich. Viele Viren, die der Ursprungsvariante sehr ähnlich sind, stammten von Menschen ohne jegliche Verbindung zum Markt von Wuhan. Einige, darunter ein Cluster aus der Provinz Guangdong, stammten nicht einmal aus Wuhan.

Ein plausibler alternativer Infektionsweg

Trotz der vielen Ungewissheiten und unbeantworteten Fragen wäre es viel einfacher, die Markthypothese zu akzeptieren, wenn die Pandemie 2020 in einer der hunderten (oder möglicherweise tausenden – das scheint niemand genau zu wissen) anderen chinesischen Städte mit ähnlichen Märkten begonnen hätte. 

Auch das ursprüngliche Sars-Coronavirus ([Sars-CoV-1 – Anm. d. Red.], ein sehr naher Verwandter von Sars-CoV-2) brach 2002 auf einem Markt aus, wo Zibetkatzen und andere Tiere verkauft wurden, zufälligerweise in Guangdong.

Das Epizentrum der Covid-Pandemie lag jedoch weniger als 20 Kilometer entfernt von Chinas führendem Coronavirus-Forschungszentrum, dem Wuhan Institut für Virologie. Dies ist ein aussergewöhnlicher Zufall, und um ihn nicht abzutun, bräuchte man zwingende Beweise dafür, dass der Markt die Quelle war (oder dass das Labor es nicht war). Die vorhandenen Beweise reichen dafür nicht aus.

Davon abgesehen, gibt es keinen Beweis – jedenfalls keinen, den die Behörden in China mitgeteilt haben –, dass Sars-CoV-2 im Wuhan Institute für Virology präsent war. Obwohl dort eng verwandte Viren vorhanden waren, können wir es nicht genau wissen.

Wissenschaftler des Instituts gingen auf Coronavirus-Jagd in Orten wie Guangdong. Auch Wissenschaftler des Wuhan Center for Disease Control and Prevention, das nur fünf Gehminuten vom Markt entfernt ist, unternahmen entsprechende eigene Expeditionen. Damit gibt es einen offensichtlichen und plausiblen alternativen Weg zum ersten menschlichen Infektionsfall. 

Als Verschwörungstheorie abgetan

Doch schon im März 2020 wurde die Idee, ein Labor könne mit dem Ausbruch der Pandemie irgendetwas zu tun haben, mit sehr dürftigen Belegen als Verschwörungstheorie abgetan

Vor zwei Jahren behauptete einer der schärfsten Verfechter der Markthypothese, er habe durch seine Forschungen «die Idee, das Virus sei aus einem Labor entkommen, endgültig zu Grabe getragen». Ein Autor der neuen Analyse in «Cell» nennt alternative Erklärungen «fantasievoll» und «absurd».

Wen soll dieser ganze Pomp überzeugen? Nicht die Wissenschaftler, die Forschungsarbeiten lesen können, Gegenargumente zur Kenntnis nehmen und sich ihr eigenes Urteil bilden können. Nicht die Politiker, die eine ideologische Haltung zu diesem Thema eingenommen haben, insbesondere in den USA. Auch nicht die Geheimdienste, von denen viele glauben, sie seien unsere grösste Hoffnung, um die Wahrheit herauszufinden.

Ich beschäftige mich seit 25 Jahren mit den Ursprüngen menschlicher Viren, aber auch nach der Überprüfung aller Fakten weiss ich immer noch nicht, wie die Covid-Pandemie begann. Ich weiss aber, dass diese Frage wichtig ist, und dass die Diskussion darüber gefördert und nicht unterdrückt werden sollte.


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Dieser Artikel erschien in englischer Sprache bei The Conversation». Mark Woolhouse erhält finanzielle Unterstützung von der Europäischen Union und dem Wellcome Trust. Er ist Mitglied des ständigen Ausschusses der schottischen Regierung für Pandemievorsorge und hat die schottische und die britische Regierung sowie die WHO in Fragen der Pandemievorsorge und -bekämpfung beraten.
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Warum Biker gar keine Freude haben am neuen Waldgesetz

Der Wald macht einiges mit: Schreiende Pfadikinder, wilde Biker, Horden von Hündelern, Jäger, die Kameras an den Bäumen postieren. (Bild: wia)

Am 24. November entscheidet das Zuger Stimmvolk über die Teilrevision des Waldgesetzes. Am Montagabend trafen sich Gegner und Befürworter zum Schlagabtausch. Einig wurden sie sich lediglich in einem Punkt.

Der Wald zieht uns an. Wir suchen ihn auf, wenn die Gedanken endlos kreisen oder wir uns gestresst fühlen. Wir fordern uns selbst mit dem Mountainbike auf den engen, wurzeldurchzogenen Wegen heraus. Wir kommen her, damit der Hund mehr als nur den städtischen Asphalt beschnuppern kann. Er ist das Zuhause für Käfer, Vögel und Füchse, versorgt den Kanton Zug mit Holz und Wasser, leistet als Jagd- und Pilzgebiet einen Beitrag an unsere Nahrung und schützt uns ganz nebenbei vor Erdrutschen und Steinschlägen.

Der Wald ist eine komplexe Angelegenheit. Und sie wird immer komplexer. Dies nicht zuletzt, da die Bevölkerungsdichte in den letzten Jahren stark zugenommen hat. Darum erarbeitete der Kantonsrat in den vergangenen zwei Jahren ein neues sogenanntes Einführungsgesetz zum Waldgesetz (EG Waldgesetz). Alles lief bestens, das Parlament sagte mit nur einer Gegenstimme klar Ja zum neuen Waldgesetz.

Mountainbiker wehren sich gegen die Teilrevision

Wenig Begeisterung für das Gesetz hatte hingegen die Mountainbike-Szene übrig. Diese ergriff das Referendum. Aus diesem Grund stimmen die Zugerinnen am 24. November über besagte Teilrevision ab.

Im Vorfeld zur Abstimmung organisierten die Grünliberalen im Rahmen ihres Stammtisches am Montagabend ein öffentliches Podiumsgespräch mit Befürwortern und Gegnern. Zu letzteren gehört Manuel Siegrist, der Präsident der IG Mountainbike. Zu den Gründen, warum er und viele seiner Bikerfreunde sich gegen das neue Waldgesetz wehren, sagte er während des Anlasses in der Altstadthalle: «Von Anfang an hiess es seitens des Kantons, dass man in Zug ein attraktives Routennetz für Velofahrer haben möchte. Tatsächlich war das die Kernaussage.»

Die wichtigsten Punkte des angepassten Waldgesetzes

  • Neu heisst es im Gesetz: «Die Betretung des Waldes geschieht auf eigene Gefahr»
  • Zwischen 1. April und 31. Juli müssen Hunde im Wald und am Waldrand an die Leine (zentralplus berichtete)
  • Die Definition der Waldgrenzen wird aktualisiert respektive statisch festgesetzt
  • Radfahren ist nur auf Waldstrassen sowie auf den im Richtplan bezeichneten Mountainbike-Routen erlaubt
  • Drohnen auf einer Flughöhe bis 50 Meter über Boden sowie das Betreiben von Überwachungsgeräten für private Zwecke ist verboten

Veränderungen für Bikerinnen könnten einschneidend werden

Die IG Mountainbike sei denn auch bei mehreren Sitzungen mit dem Kanton dabei gewesen und habe versucht, eine gute Lösung mitzugestalten. «Wir waren stets guten Mutes, dass es klappt mit dem attraktiven Routennetz. Als wir uns jedoch den angepassten Richtplan ansahen, mussten wir feststellen, dass das nichts mit dem zu tun hat, was wir uns erhofft hatten.» Im neuen Gesetzestext soll es künftig heissen: «Radfahren ist nur auf Waldstrassen sowie auf den im Richtplan bezeichneten Mountainbike-Routen erlaubt.»

«Wir hoffen auf einen pragmatischen Lösungsansatz und nicht auf eine Verbotskultur im Wald.»

Manuel Siegrist, Präsident IG Mountainbike


Siegrist erklärte: «Wir haben umfangreiche Daten gesammelt. In Betrachtung dieser zeichnet sich ab, dass künftig nur noch rund die Hälfte der Strecken, auf denen wir uns bewegen, mit dem Velo zugänglich sein wird.» Und weiter: «Uns ist bewusst, dass es Regeln braucht. Doch hoffen wir auf einen pragmatischen Lösungsansatz und nicht auf eine Verbotskultur im Wald.»

Wenig Verständnis für die Haltung der IG Mountainbike zeigte Seppi Roth, der Präsident von Wald Zug, welche die Interessen privater und öffentlicher Waldeigentümer vertritt. Roth verwies zunächst auf die mannigfaltigen Nutzungsweisen des Waldes im Kanton Zug und auf das bereits 25-jährige Waldgesetz, das dringend zu erneuern sei. «Es ist schlicht nicht mehr zeitgemäss. In dieser Zeit hat sich das Bundesrecht angepasst, ausserdem kamen technische Veränderungen, wie etwa Drohnen, die man im Gesetz berücksichtigen muss.»

Wo runter und wo nicht? Die Region Zugerberg, Walchwilerberg und Rossberg ist ein Traum für Mountainbiker. Noch. (Bild: zvg IG Mountainbike Zug)

Eine Frage der Versicherung

Roths Ansicht nach gehe es nicht ohne angepasste Regeln, insbesondere, da sich mittlerweile sehr viele Menschen mit unterschiedlichen Bedürfnissen im Wald bewegen würden. Wichtiger noch sei aus der Sicht der Waldbesitzer ein anderer Aspekt: «Für uns geht es auch um die Frage der Versicherung. Wer haftet, wenn heute ein Biker im Wald verunglückt und plötzlich querschnittgelähmt ist?» Heute bewege man sich diesbezüglich als Waldeigentümer im luftleeren Raum. «Die Anpassung des Richtplans bezüglich der Velowege lässt uns ruhig schlafen.»

Völlig aus der Luft gegriffen ist das Beispiel nicht. Patrick Iten, Mitte-Kantonsrat und Präsident der Ad-hoc-Kommission zum EG Waldgesetz, ergänzte: «In einem Fall wurde ein Hund im Wald von einem herunterfallenden Ast erschlagen. Der Hundehalter reichte daraufhin eine Klage gegen den Waldbesitzer ein.»

Der Richtplan ist nicht sakrosankt

Bezüglich der Veloproblematik äusserte sich Iten wie folgt: «Wir verfügen über 300 Kilometer Waldstrassen. Zusätzlich sind designierte Biketrails im Richtplan vermerkt.» Er gab sogleich zu bedenken: «Der Richtplan ist nicht sakrosankt. Es kann sein, dass Waldeigentümer zu einem späteren Zeitpunkt einen Bikeweg auf ihrem Land befürworten. Das könnte man in den Richtplan hineinnehmen.»

Bezug nehmend auf das Referendum der IG Mountainbike sagte Iten abschliessend: «Ich finde es schade, wenn man den runden Tisch verlässt.» Worauf Siegrist konterte: «Wir sassen zwei Jahre am runden Tisch. Das Resultat war jedoch ein ganz anderes, als wir erwartet hatten. Ein Referendum stellte für uns das einzige demokratische Instrument dar, um uns zu wehren.» Siegrist abschliessend: «Ein Nein bei der Abstimmung ist kein Nein zum gesamten Gesetz. Wir wünschen uns lediglich den Feinschliff anders.»

Zum Konsens kommt es während des Podiums nur bedingt. Alle sind sich einig, dass es Regeln braucht. Welche Richtung dabei eingeschlagen wird, darüber sind sich die IG Mountainbike und der Verband Wald Zug uneinig. Ob sich die Bevölkerung mit den neuen Spielregeln für den Waldbesuch zufriedengibt, zeigt sich am 24. November.

Verwendete Quellen

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Oberägeri: Gemeinde rechnet mit mehr Geld

Die Gemeinde Oberägeri geht davon aus, nächstes Jahr solide Gemeindefinanzen zu haben. (Bild: Andreas Busslinger)

Oberägeri sieht frohen Mutes in die Zukunft. Die Gemeinde rechnet für das kommende Jahr mit einem Plus bei den Finanzen – und senkt die Steuern.

Die Gemeinde Oberägeri hat ihr Budget für das kommende Jahr veröffentlicht. In einer Medienmitteilung am Donnerstag schreibt sie, dass sie 2025 mit einem Ertragsüberschuss von gut drei Millionen Franken rechnet. Nebst höheren Erträgen geht die Gemeinde auch davon aus, grössere Aufwände zu haben. Den Steuerfuss will Oberägeri nächstes Jahr bei 54 Prozent festmachen. Das sind drei Prozent weniger als noch dieses Jahr.

Rund 49 Millionen Franken glaubt Oberägeri nächstes Jahr einzunehmen. Dem gegenüber stehen budgetierte Ausgaben von 46 Millionen Franken. Im Vergleich zum laufenden Jahr hat die Einwohnergemeinde vor, gut eine Million Franken mehr auszugeben.

Auf und ab bei den Rechnungen

Wie der Medienmitteilung zu entnehmen ist, seien die höheren Aufwände vor allem auf anstehende Projekte und die damit verbundene Planungsarbeit zurückzuführen. Die Nettoinvestitionen der Gemeinde belaufen sich für das kommende Jahr auf einen budgetierten Betrag von ungefähr 14 Millionen Franken.

Während nächstes Jahr mit einem Plus gerechnet wird, geht die Gemeinde dieses Jahr davon aus, ein Defizit von etwas weniger als zwei Millionen Franken zu haben (zentralplus berichtete). 2023 und 2022 verbuchte Oberägeri in der Jahresrechnung ein Plus von rund fünf, beziehungsweise knapp sechs Millionen Franken (zentralplus berichtete).

Verwendete Quellen

  • Medienmitteilung der Gemeinde Oberägeri

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Nestlé desinfiziert «natürliches» Wasser seit den 1990er-Jahren

Daniela Gschweng /  Der Skandal um mit illegalen Methoden behandeltes Nestlé-Mineralwasser weitet sich nochmals aus.

Natürliches Mineralwasser kommt klar und kühl aus den Tiefen der Erde und muss kaum behandelt werden, denn es ist von «ursprünglicher Reinheit». So steht es im Gesetz. Erlaubt sind nur wenige Methoden.

UV-Licht und Aktivkohlefilter gehören nicht dazu. Genau diese hat Nestlé aber verwendet. Das zeigten Recherchen der französischen Zeitung «Le Monde» im Januar. Betroffen waren die Marken Perrier, Vittel, Hépar und Contrex.

Nestlé redete sich mit «Sorge um Konsumenten» heraus

Die Qualität von Mineralwässern wäre eben nicht immer gleich, rechtfertigte sich der Konzern. Aus Sorge um die Gesundheit der Konsument:innen werde das Wasser behandelt.  

Als Nächstes kam durch Recherchen von «Le Temps» zu Tage, dass Nestlé auch beim Minieralwasser Henniez in der Schweiz Aktivkohlefilter verwendet hatte. Inzwischen habe man die verbotene Praxis aber wieder eingestellt, teilte das Unternehmen mit (Infosperber berichtete).

Foodwatch: «Jahrzehntelanger, systematischer Betrug»

Nun stellt sich heraus, dass der Verstoss kein isoliertes Vorkommnis war. Die Europäische Kommission bestätigte am 24. Juli, dass Nestlé seit den 1990er-Jahren französisches «Mineralwasser» mit verbotenen Methoden filtert.

Der Betrug sei «beispiellos», schreibt das französische Medium «Mediapart». Es gehe um drei Milliarden Euro und einen Zeitraum von mindestens 15 Jahren.

Nestlé habe seit den 1990er-Jahren mit verbotenen Methoden gereinigtes Wasser als «natürliches Mineralwasser» verkauft, fasst die Konsumentenorganisation Foodwatch auf Deutsch zusammen. Falls sich das wirklich so zugetragen habe, handle es sich um «jahrzehntelangen, systematischen Betrug», sagt Ingrid Kragl von Foodwatch Frankreich.

Die beiden verbotenen Methoden

UV-Licht wird verwendet, um Viren und Bakterien in Wasser, Luft und auf Oberflächen abzutöten. UV-Strahlung wird deshalb zur Wasserdesinfektion oder auch in Spitälern eingesetzt. So werden etwa Operationssäle mit ultravioletter Strahlung desinfiziert. Für Menschen ist die verwendete UV-C-Strahlung schädlich. Sie kann die Haut beschädigen und zu Bindehautentzündungen am Auge oder bei längerer Bestrahlung sogar zu Erblindung führen.

Aktivkohlefilter wiederum können unerwünschte Chemikalien wie PFAS und Pestizide aus dem Wasser filtern. Für Wasser von «ursprünglicher Reinheit» sollte beides nicht nötig sein. Sonst könnte man auch Leitungswasser als «Mineralwasser» verkaufen.

Prüfbericht: Kontrollstrukturen mangelhaft

Der Bericht rügte aber auch die französischen Behörden. Das existierende amtliche Kontrollsystem sei nicht «darauf ausgelegt, Betrug in der Branche der natürlichen Mineralwässer und Quellwässer aufzudecken». So könnten «nicht konforme und potenziell betrügerische Produkte auf den Markt gelangen».

Werde ein Verstoss festgestellt, hapere es zudem bei den Folgemassnahmen, die sicherstellen sollten, dass Unternehmen die verbotene Praxis nicht fortführen, keine daraus entstandenen Produkte auf den Markt bringen und nicht konforme Produkte vom Markt nehmen.

Die Reinheit von Mineralwasser wird also nicht richtig kontrolliert, und wenn dennoch ein Verstoss entdeckt wird, hat er kaum Folgen. Dazu passt, dass die französische Regierung bereits 2021 von Nestlé informiert worden sein soll. Diese Information sei laut Foodwatch aber weder an die Europäische Kommission noch an andere EU-Mitgliedsstaaten weitergegeben worden.

Ein Skandal wie in Frankreich könne sich aber ganz leicht auch in Deutschland ereignen, schätzt Foodwatch, das Nestlé Waters und Sources Alma im Februar verklagt hat. Auch dort fehle es an Personal, die Struktur der Behörden sei äusserst anfällig für Interessenkonflikte, die Kommunikation träge. Es gebe auch kein Transparenzgebot, kritisiert Foodwatch.

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Nestlé und Co. heilen Krankheiten, die sie selbst verursachen

Philippe Stalder /  Nahrungsmultis machen aus Fettleibigkeit ein Geschäftsmodell – und umgehen dabei Gesetze zu medizinischen Produktangaben.

Sie schiebt den roten Einkaufswagen durch die Gänge eines US-amerikanischen Lebensmittelhändlers und wirft eine Packung Kaffee, einen Behälter mit Eiscreme sowie eine Schachtel Tiefkühlpizza hinein. 

«Was haben diese drei Produkte gemeinsam?», fragt die Einkaufs-Influencerin Joanna Mitru ihre über 500’000 Follower rhetorisch auf Instagram.

«Richtig, sie alle können ernsthafte Beschwerden verursachen.»

Als Nächstes präsentiert Mitru drei Nahrungsergänzungsmittel der Marke Wonderbelly aus einem anderen Regal – in den Geschmacksrichtungen Erdbeermilkshake, Wassermelone-Minze und fruchtiges Müsli. Angeblich sollen sie Sodbrennen und sauren Reflux lindern. 

Nun kann die Influencerin ihr Cookies-and-Cream-Eis nach der Quattro-formaggi-Tiefkühlpizza und einer Tasse Instant-Kaffee also bedenkenlos schlemmen.

Fertiggerichte für Kinder

Hinter dem Gegenmittel für Magenbeschwerden steht der Investmentfonds AF Ventures, der vom französischen Lebensmittelriesen Danone mitbegründet wurde. AF Ventures investiert gleichzeitig auch in Chips, Brezel und Fertiggerichte für Kinder. 

Gemäss ihrer Website hat Danone es sich zur Aufgabe gemacht, «die Gesundheit so vieler Menschen wie möglich durch Ernährung zu verbessern». Doch der Lebensmittelhersteller stellt auch gesüsste Joghurts für Kinder her, die nach Angaben des Diabetes-Fonds zwei Würfelzucker pro Portion enthalten. Ebenfalls Teil des Danone-Sortiments: Erdbeerjoghurt mit nur 2,6 Prozent Erdbeeranteil, dafür gespickt mit bunten, zuckerhaltigen Schokokugeln.

Der französische Lebensmittelkonzern steht mit diesem Widerspruch nicht alleine in der Nahrungsmittellandschaft. Wie das niederländische Magazin «The Investigative Desk» herausfand, investieren fünf der zehn grössten europäischen Hersteller industriell stark verarbeiteter Lebensmittel ebenfalls in Produkte, die angeblich Krankheiten bekämpfen, die durch eine ungesunde Ernährung verursacht werden können. Und profitieren damit von der vermeintlichen Lösung eines Problems, das sie selbst mitverursacht haben.

So bieten Nestlé, Mars, Danone, Unilever und Kraft-Heinz Produkte aus den Sparten Gewichtsreduzierung und medizinische Ernährung für Diabetiker sowie Behandlungen für Verdauungsprobleme an.

Ausserdem bieten sieben der zehn grössten Nahrungsmultis – Nestlé, Mars, Danone, Unilever, Pepsi-Co, General Mills und Kella-Nova – gar Nahrungsergänzungsmittel mit gesundheitsbezogenen Versprechen an. Etwa zur Vorbeugung von Alzheimer, Asthma und Krebs.

Überzuckerte und stark industriell verarbeitete Nahrungsmittel sind einer der Hauptgründe für Adipositas. Gemäss der Weltgesundheitsorganisation (WHO) sind bereits heute knapp 60 Prozent der Europäer entweder übergewichtig oder sogar adipös.

Übergewichtige Menschen haben ein höheres Risiko für chronische Krankheiten wie Typ-2-Diabetes, Bluthochdruck, Herzkrankheiten, Schlaganfälle, bestimmte Krebsarten und Schlafapnoe. Übergewicht und Adipositas gehören nach Angaben der WHO zu den häufigsten Todesursachen in Europa mit schätzungsweise 1,2 Millionen Todesfällen pro Jahr, was etwa 13 Prozent der Gesamtsterblichkeit entspricht.

Abnehmen ohne Änderungen am Lebensstil

Seit der Jahrhundertwende und mit der Ausbreitung von Adipositas haben immer mehr Lebensmittelhersteller in den Gesundheitssektor investiert. 

Wie «The Investigative Desk» herausfand, investierten die grossen Nahrungsmultis in fast 100 Unternehmen aus dem Gesundheitssektor. Die meisten dieser Investitionen wurden während der letzten zehn Jahre getätigt.

Der grösste Investor in diese neue Strategie ist Nestlé mit rund 50 Investitionen im Gesamtwert von 2,8 Milliarden Euro. Unilever hat indes in mindestens 24 Unternehmen des so genannten «Health & Wellbeing»-Sektors investiert und verfügt über ein Portfolio im Wert von mehr als einer Milliarde Euro.

Nestlé, unter anderem ein Hersteller von Schokolade und Tiefkühlpizza, investiert in Abnehmprogramme und Mahlzeiten-Ersatzprodukte – etwa in die deutsche Schlankheitsmarke Bodymed, die Nestlé 2020 übernommen hatte.

Unilever, das Produkte wie Mayonnaise, geräucherte Würstchen und Eiscreme herstellt, ist über seine Investmentabteilung Unilever-Ventures Miteigentümer des Fettverbrennungs-Zusatzstoffherstellers Lemme. 

Das von US-Reality-Star Kourtney Kardashian gegründete Unternehmen vertreibt Pillen, die Heisshungerattacken unterdrücken und Cellulitis bekämpfen sollen. Sie sind in attraktiv gestalteten Gläsern verpackt und kosten etwa 35 Euro das Glas.

Indem sie vermeintlich schnelle Lösungen anbieten, gaukeln die Hersteller den Verbrauchern vor, dass sie einfach eine Pille oder ein Pulver kaufen können, um Gewicht zu verlieren, anstatt die notwendigen Änderungen am Lebensstil vorzunehmen.

Fragwürdige Etikettierung

Die Investitionen der Lebensmittelindustrie weisen Ähnlichkeiten mit den Strategien der Tabakhersteller auf. Die Tabakindustrie verdient ihr Geld nicht nur mit Zigaretten, sondern auch mit dem Verkauf von Medikamenten gegen Krankheiten, die durch das Rauchen verursacht oder verschlimmert werden. Wie etwa Asthma und Krebs.

In den Presseabteilungen der Nahrungsmultis sieht man das jedoch weniger problematisch: «Wir glauben, dass eine ausgewogene Ernährung, kombiniert mit regelmässiger Bewegung, der beste Ansatz für einen gesunden Lebensstil ist. Dazu passen auch Genussmittel», sagte Anya Pieroen, Leiterin der Abteilung Corporate Communications & Affairs bei Nestlé, gegenüber der Rechercheplattform Follow the Money

Eine Sprecherin von Danone antwortete gegenüber derselben Plattform: «Unsere Mission ist es, so vielen Menschen wie möglich Gesundheit durch Lebensmittel zu bringen. Seit Jahrzehnten entwickeln wir unser Angebot in Kategorien, die mit einer täglichen gesunden Ernährung zu tun haben.»

Das EU-Recht unterscheidet zwischen Arzneimitteln und Nahrungsergänzungsmitteln. Zwar gibt es in der EU Gremien zur Bewertung von Arzneimitteln und Nahrungsergänzungsmitteln, doch in der Praxis erweist sich die Trennlinie zwischen den beiden Bereichen als sehr dünn.

Auch für die Schweiz hält das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) fest: «Nahrungsergänzungsmittel befinden sich oft im Graubereich zwischen Lebensmitteln und Heilmitteln. Sie dürfen keine pharmakologische Wirkung entfalten. Sie dürfen auch nicht als Arzneimittel aufgemacht oder mit Hinweisen zur Heilung, Linderung oder Verhütung von Krankheiten beworben werden. Für eine korrekte Zuordnung eines Produktes ist immer eine Gesamtbetrachtung erforderlich.»

Wenn ein Unternehmen beispielsweise behauptet, dass ein Produkt bei der Behandlung oder Vorbeugung von Diabetes hilft, sollte dies als medizinische Angabe betrachtet werden. 

Aber die Nestlé-Tochter Bodymed sagt über ihren Frühstücksshake: «Mit einem eiweissreichen Frühstück betrügen Sie Ihren Körper, weil Ihr Blutzucker- und Insulinspiegel kaum ansteigt.»

Der Durchschnittsverbraucher könnte bei einer solchen Angabe aber einen Zusammenhang mit Diabetes herstellen.

Zahl der Gesundheitsprodukte steigt rapide an

Gemäss der niederländischen Behörde für Lebensmittel- und Verbraucherproduktsicherheit (NVWA) steigt die Zahl angeblicher Gesundheitsprodukte, die insbesondere in sozialen Medien beworben werden, rapide an.

Nestlé hatte im Jahr 2023 einen Umsatz von rund 95 Milliarden Dollar, während der Umsatz von Danone fast 28 Milliarden Dollar betrug. Derweil werden die jährlichen Gesamtkosten der Fettleibigkeit bei Erwachsenen in der EU auf 70 Milliarden Euro geschätzt – einschliesslich der Kosten für das Gesundheitswesen und die verlorene Produktivität.


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Tiefsteuerpolitik: «Folgen für Mittelstand nicht mehr tragbar»

Im Juli wurden weitere Steuersenkungen angekündigt. (Bild: les)

Die Zuger SP will von der Regierung wissen, wie sich die Tiefsteuerpolitik des Kantons auf den Mittelstand auswirkt. Diese sei für die Zuger nicht mehr tragbar.

Immer mehr Zugerinnen kehren dem Kanton den Rücken – weil die Mietpreise in die Höhe geschossen sind. So berichtete der «Blick» diese Woche, dass in den letzten zehn Jahren netto über 3000 Personen mit Schweizer Pass aus dem Kanton weggezogen sind.

Das entgeht natürlich auch der Zuger SP nicht, der die Tiefsteuerpolitik des Kantons, schon länger ein Dorn im Auge ist.

Tiefsteuerstrategie treibt Mietpreise in «schwindelerregende Höhe»

In einer neuen Interpellation geht die SP-Fraktion auf die regelmässig erscheinenden Berichte «über die wachsende Unzufriedenheit im Mittelstand» und die zunehmende Abwanderung aus dem Kanton ein. Besonders eine Aussage, die Regierungsrätin Silvia Thalmann-Gut gegenüber dem «Blick» geäussert hat, gibt der SP zu denken. Thalmann-Gut sagte, dass man «bereit sein müsse, in die Peripherie zu ziehen», wenn man sich Zug nicht mehr leisten könne.

«Der Kanton Zug verfolgt seit Jahren eine Tiefsteuerstrategie, die Unternehmen und Reiche aus der ganzen Welt anzieht, jedoch die Mietpreise in schwindelerregende Höhen treibt», so die Zuger SP. Laut einer Auswertung des Immobilienportals Newhome koste eine Mietwohnung im Kanton Zug durchschnittlich 2819 Franken pro Monat, während der Mittelwert aller Kantone bei 1779 Franken liege. Diese Entwicklung führe dazu, dass viele Zuger, insbesondere aus dem Mittelstand, gezwungen seien, in benachbarte Kantone zu ziehen.

Die Zuger Regierung hat zwar ein Massnahmenpaket präsentiert, um die exorbitanten Wohnkosten in den Griff zu bekommen, hält jedoch weiterhin an ihrer Tiefsteuerpolitik fest. Im Juli wurden weitere Steuersenkungen angekündigt.

Was tut der Kanton gegen die Abwanderung – und gegen Kostenanstieg bei Wohnkosten?

Die Zuger SP stellt der Regierung nun mehrere Fragen. Unter anderem will sie wissen, wie die Regierung die aktuellen Wohnkosten im Kanton einschätze, insbesondere im Vergleich zu den Einkommen des Mittelstandes und was sie gegen den enormen Kostenanstieg tun wolle.

Die Folgen für den Mittelstand seien nicht mehr tragbar. Die SP-Fraktion fragt: «Weshalb will die Regierung noch tiefere Steuern für Reiche und grosse Unternehmen, obwohl sich die ansässigen Menschen die zu erwartenden Folgen noch schlechter leisten können?»

Weiter will die Zuger SP, dass die Regierung Massnahmen der letzten 10 Jahre aufführt, mit denen Wohnbaugenossenschaften unterstützt wurden und sie will wissen, wie viele kantonale Grundstücke der Kanton verkauft oder im Baurecht abgegeben hat.

Die SP-Fraktion fragt, ob die Regierung bereit sei, auf Steuersenkungen zu verzichten und mit mindestens 50 Millionen Franken jährlich den öffentlichen und gemeinnützigen Wohnbau zu unterstützen. Mit der Interpellation fordern sie nicht zuletzt Antworten auf die Fragen, was die Regierung gegen die Abwanderung tut und wie sie zur Aussage von Thalmann-Gut steht.

Verwendete Quellen

  • Interpellation der SP-Fraktion
  • Artikel im «Blick»
  • Weiterer Artikel im «Blick»

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Keine Briefkastenwerbung für Prämienverbilligung

Der Luzerner Stadtrat sieht von einer ausführlichen Informationskampagne zu Prämienverbilligung ab. (Bild: mik)

Nach einem eingereichten Vorstoss zu einer städtischen Informationskampagne betreffend Prämienverbilligung gibt der Luzerner Stadtrat eine klare Marschrichtung vor.

Die Stadt Luzern soll aktiv alle Haushalte über die Möglichkeiten der Prämienverbilligung informieren. Dies fordern die städtischen Linken mit einem Postulat. Bisher müssen sich die Bürgerinnen selbst um die Informationen kümmern. Denn: Im Kanton Luzern bedarf es eines Gesuchs, um eine Prämienverbilligung zu bekommen – andernorts läuft das automatisch (zentralplus berichtete).

Jetzt liegt eine Stellungnahme des Stadtrats zum Anliegen vor. Dieser spricht sich gegen ein aktives Informieren durch die Stadt aus, teile aber die Ansicht der Postulantinnen, dass die Stadtbevölkerung gut über die Prämienverbilligung informiert sein soll.

Informationskampagne könne zu Irritation und Unmut führen

Der Stadtrat sehe vor allem von einer ausführlichen Postkampagne ab, da die Bevölkerung der Stadt Luzern bereits heute eine Vielzahl an Informationen sowohl zur Prämienverbilligung als auch zur Möglichkeit eines Krankenkassenwechsels erhalte.

Zudem habe er Bedenken, dass die Informationsschreiben genug früh bei den Stadtluzerner Haushalten eintreffen würden. Die Kurzfristigkeit eines solchen Schreibens dürfe eher zu Irritation und Unmut unter Stadtluzernerinnen führen, als die beabsichtigte, unterstützende Funktion zu erfüllen.

Die Stadtregierung wolle jedoch die Möglichkeit prüfen, über die städtischen Kanäle der sozialen Medien gezielt über Prämienverbilligung zu informieren. Auch sei der Luzerner Stadtrat bereit, sich in einem Schreiben an den Kanton für eine Vereinfachung der individuellen Prämienverbilligungsauszahlungen starkzumachen.

Verwendete Quellen

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Geplatzter Montana-Deal: Wurden Räte getäuscht?

Die Höhenklinik Montana in Crans-Montana wird «bis auf Weiteres» vom Luzerner Kantonsspital weitergeführt. (Bild: Luzerner Kantonsspital)

Die Höhenklinik Montana wird doch nicht verkauft. Das wurde kürzlich bekannt. Die SP fragt sich nun, ob den Kantonsratsmitgliedern bei der Parlamentsabstimmung über den Kaufvertrag Informationen vorenthalten wurden.

«Wurde der Kantonsrat irregeführt?» So titelt die SP ihre Mitteilung zu ihrer dringlichen Anfrage im Luzerner Kantonsrat. Dieser stimmte im vergangenen Mai dem Deal zwischen dem Luks und dem Swiss Medical Network zu. Das Network wollte die Höhenklinik Montana kaufen. Kürzlich wurde bekannt, dass daraus nichts wird. Aus «wirtschaftlichen Gründen» komme kein Geschäft zustande, teilten das Luks und das Swiss Medical Network anfangs Woche mit (zentralplus berichtete). Ursprünglich wurde ein Kaufpreis von 12,5 Millionen Franken vereinbart.

«Dies wirft kritische Fragen auf, weil in der entsprechenden Botschaft suggeriert wurde, dass die Verträge mit dem Käufer unterschrieben sind und sobald der Kantonsrat dem Kauf respektive der Entwidmung der Grundstücke und der Änderung des Spitalgesetzes zustimmt, dieser vollzogen werden kann», schreibt die SP in einer Mitteilung.

Wann wusste der Kanton, dass der Deal platzt?

Sie fragt sich, ob die Kantonsräte richtig informiert worden seien, als es um die Abstimmung zum Verkauf der Klinik ging. Nun fordert die mit einer Anfrage Partei Transparenz.

Etwa will sie wissen, zu welchem Zeitpunkt das Luks und der Regierungsrat wussten, dass der Verkauf scheitern könnte. Oder aber, warum der Kanton der Vertragsauflösung zugestimmt hatte und warum sich das Swiss Medical Network aus dem Vertrag zurückziehen konnte, obwohl im Rat suggeriert wurde, der Kauf sei beschlossene Sache. Weiter will die SP wissen, welche konkrete Pläne der Kanton nun mit der Montana-Klinik hat.

Gegenüber zentralplus gab der Kanton bisher lediglich an, dass verschiedene Szenarien geprüft werden. Für die Patientinnen der Höhenklinik sowie die Mitarbeiter ändere sich bis auf Weiteres nichts.

Verwendete Quellen

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Chatbot zitiert aus erfundener Studie und täuscht Ärzte

Martina Frei /  Künstliche «Intelligenz» erzeugt eine überzeugende Fantasie-Studie. Auf Nachfragen entschuldigte sich der Google-Chatbot «Bard».

Die New Yorker Hals-Nasen-Ohren-Chirurgin Hayley Born beauftragte den Google-Chatbot «Bard», einen kurzen Fachvortrag zu erstellen und die Quellen anzugeben, die «Bard» dafür heranzog. Als eine der Quellen nannte der Chatbot «Thomas et al., Telemedicine for the management of airway stenosis», erschienen in der Zeitschrift «Expert Review of Respiratory Medicine» im Jahr 2022, Band 16, Seiten 1485-1493.  

Die Ärztin prüfte die Angaben. Die Zeitschrift gibt es, doch dieser eine Artikel blieb unauffindbar. Sie bat «Bard», den Artikel zusammenzufassen, was der Chatbot prompt tat. Born konnte die Textstelle aber wieder nicht finden. Also hakte sie erneut nach: Ob dieser Artikel wirklich existiere, wollte sie wissen.

«Bard» antwortete: «Ich entschuldige mich für den Fehler. Ich habe es überprüft und der Artikel existiert nicht. Ich bin noch in Entwicklung und lerne immer dazu. Ich werde mein Bestes versuchen, um ähnliche Fehler künftig zu vermeiden.»

Auch weltweit genützte medizinische Datenbank arbeitet mit KI

Skeptisch geworden, beauftragte die Chirurgin nun den Chatbot «Copilot» von Microsoft, den nicht existierenden Fachartikel zu suchen. Er behauptete, er habe ihn gefunden – und lieferte innert Sekunden eine Zusammenfassung. 

Als Born ihn fragte, ob er diese verfasst habe, gab die «Kreativ-Version» von «Copilot» unumwunden zu, sie erfunden zu haben. Im Modus «Balanced Style» hingegen behauptete «Copilot», die Zusammenfassung stamme aus dem Fachartikel. 

In der Ärztezeitung «JAMA Otolaryngology–Head & Neck Surgery» wies Born darauf hin, dass einige der weltweit renommiertesten medizinischen Datenbanken Künstliche Intelligenz (KI) benützen würden. Der Datenbank «Pubmed» beispielsweise helfe KI, die relevantesten Artikel bei Suchanfragen zuoberst aufzulisten. Benutzerinnen und Benutzern sei in der Regel aber nicht klar, dass auch KI halluzinieren könne.


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«Die USA sind dem Rest der Welt die ganze Wahrheit schuldig»

Jeffrey Sachs /  15 Fakten, die dafür sprechen, dass von den USA bezahlte Forscher grob fahrlässig handelten und es deshalb zur Corona-Pandemie kam.

mfr. – Der folgende Artikel von Professor Jeffrey Sachs wurde auf der Website commondreams.org veröffentlicht. Infosperber gibt ihn in der deutschen Übersetzung leicht gekürzt wieder (Zwischentitel von der Redaktion).

Jeffrey Sachs leitete die wissenschaftliche Covid-19 Kommission der medizinischen Zeitschrift «The Lancet» und bekam so tiefen Einblick in die Zusammenhänge. Der international gut vernetzte US-Professor für Ökonomie glaubte anfangs an die These vom natürlichen Ursprung – bis er auf immer mehr Details stiess, die für ihn einen Laborursprung viel wahrscheinlicher machen.

Rückblickend sagte Sachs, in seiner «Naivität» habe er einen anerkannten Experten zum Leiter der Taskforce ernannt, die nach den Ursprüngen des Virus fahnden sollte (Infosperber berichtete). «Dann habe ich erfahren, dass er mir in vielen Dingen nicht die Wahrheit sagt. […] Ich wusste, dass da gelogen wurde. Je tiefer ich hineinsah, umso mehr Lügen.» Bei dem Experten handelte sich um den Zoologen Peter Daszak, den Leiter der Nonprofitorganisation «EcoHealth Alliance», von der im Folgenden die Rede ist. Im September 2021 kam es zum Zerwürfnis. Jeffrey Sachs löste darauf die Taskforce auf, welche die Herkunft von Sars-CoV-2 ermitteln sollte. 

Aktuell ist Sachs Direktor des Zentrums für nachhaltige Entwicklung an der Columbia University in New York. Er war Berater von drei Uno-Generalsekretären und amtet derzeit als SDG-Berater unter Generalsekretär Antonio Guterres. 

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Die US-Regierung hat ein gefährliches Forschungsprogramm finanziert und unterstützt, das möglicherweise zur Entstehung und unbeabsichtigten Freisetzung von Sars-CoV-2 geführt hat, dem Virus, das die Covid-19-Pandemie auslöste. Nach dem Ausbruch hat die Regierung gelogen, um ihre Verantwortung zu vertuschen. Sie sollte die Lügen richtigstellen, die wahren Fakten herausfinden und den Betroffenen Wiedergutmachung leisten.

Eine Gruppe unerschrockener Journalisten, Wissenschaftler und Whistleblower hat eine riesige Menge an Informationen aufgedeckt, die auf den wahrscheinlichen Ursprung von Sars-CoV-2 in einem Labor hinweisen. […]

Im Mittelpunkt der sogenannten «Labortheorie» steht ein mehrjähriges, von den USA geleitetes Forschungsprogramm, an dem US-amerikanische und chinesische Wissenschaftler beteiligt waren. Die Forschung wurde von US-amerikanischen Wissenschaftlern konzipiert, hauptsächlich von den National Institutes of Health und dem Verteidigungsministerium finanziert und von einer US-amerikanischen Organisation, der EcoHealth Alliance (EHA), geleitet, wobei ein Grossteil der Arbeit am Wuhan Institut für Virologie (WIV) stattfand. 

Hier sind die Fakten, die wir heute kennen.

Erstens wurden die National Institutes of Health (NIH) ab 2001 zum Zentrum der Biodefense-Forschung (Abwehr von biologischen Waffen). Mit anderen Worten: Die NIH wurden zu einem Forschungszweig des Militärs und der Geheimdienste. Mittel aus dem Verteidigungshaushalt gingen an die Abteilung von Dr. Anthony Fauci, das National Institute for Allergies and Infectious Diseases (NIAID).

Zweitens unterstützten das NIAID und DARPA [die Forschungsbehörde des US-Verteidigungsministeriums – Anm. d. Red.] umfangreiche Forschungen zu potenziellen Krankheitserregern für biologische Kriegsführung und Bioabwehr. Dazu gehörte die Entwicklung von Impfstoffen zum Schutz vor Biowaffen oder der versehentlichen Freisetzung natürlicher oder manipulierter Krankheitserreger im Labor. Einige der Arbeiten wurden in den Rocky Mountain Laboratories des NIH durchgeführt, die mithilfe ihrer hauseigenen Fledermauskolonie Viren manipulierten und testeten.

Drittens unterstützte das NIAID in grossem Umfang die Gain-of-Function-Forschung. Dabei handelt es sich um Laborexperimente mit dem Ziel, Krankheitserreger genetisch zu verändern und so noch krankheitserregender zu machen. So werden etwa Viren erzeugt, die leichter übertragbar sind und/oder infizierte Personen mit höherer Wahrscheinlichkeit töten. Diese Art der Forschung ist von Natur aus gefährlich, sowohl weil sie auf die Schaffung gefährlicherer Krankheitserreger abzielt als auch weil diese neuen Krankheitserreger versehentlich oder vorsätzlich (zum Beispiel als Akt der biologischen Kriegsführung oder des Terrorismus) aus dem Labor entkommen können. 

Viertens lehnten viele führende US-Wissenschaftler die Gain-of-Function-Forschung ab. Einer der Hauptgegner innerhalb der Regierung war Dr. Robert Redfield, ein Virologe der Armee, der zu Beginn der Pandemie Direktor der Centers for Disease Control [US-Gesundheitsbehörde – Anm. d. Red.] wurde. Redfield vermutete von Anfang an, dass die Pandemie auf vom NIH geförderte Forschung zurückzuführen sei, sagt jedoch, dass er von Fauci an den Rand gedrängt wurde.

Fünftens hat die US-Regierung 2017 aufgrund der sehr hohen Risiken, die mit der Gain-of-Function-Forschung verbunden sind, zusätzliche Sicherheitsbestimmungen erlassen. Gain-of-Function-Forschung muss in hochsicheren Laboren durchgeführt werden, das heisst auf der Biosicherheitsstufe 3 (BSL-3) oder der Biosicherheitsstufe 4 (BSL-4). Die Arbeit in einer BSL-3- oder 4-Einrichtung ist teurer und zeitaufwändiger als die Arbeit in einer BSL-2-Einrichtung, da zusätzliche Kontrollen gegen das Entweichen des Erregers aus der Einrichtung erforderlich sind.

Sechstens hat eine vom NIH unterstützte Forschungsgruppe, die EcoHealth Alliance (EHA), vorgeschlagen, einen Teil ihrer Gain-of-Function-Forschung an das Wuhan Institut für Virologie (WIV) zu verlagern. Im Jahr 2017 reichte die EHA bei der US-Regierung einen Vorschlag für Gain-of-Function-Projekte am Wuhan Institut für Virologie ein. Der Vorschlag mit dem Namen DEFUSE war ein wahres «Kochbuch» für die Herstellung von Viren wie Sars-CoV-2 im Labor. Der DEFUSE-Plan sah vor, mehr als 180 bislang nicht gemeldete Stämme des Betacoronavirus zu untersuchen, die vom Wuhan Institut für Virologie  gesammelt worden waren, und diese Viren mithilfe von Gain-of-Function-Techniken gefährlicher zu machen. Konkret schlug das Projekt vor, natürlichen Viren Proteasestellen wie die Furin-Spaltstelle hinzuzufügen, um die Infektiosität und Übertragbarkeit des Virus zu erhöhen

Siebtens prahlte der Direktor der EcoHealth Alliance im Entwurfsvorschlag damit, dass «die Arbeit an Sars-Coronaviren auf Biosicherheitsstufe 2 unser System im Vergleich zu anderen Fledermausvirus-Systemen äusserst kosteneffizient macht», was den leitenden Wissenschaftler des Vorschlags zur Bemerkung veranlasste, dass US-Wissenschaftler «ausflippen» würden, wenn sie von der Unterstützung der US-Regierung für die Gain-of-Function-Forschung am Wuhan Institut für Virologie in einer BSL2-Einrichtung erfahren würden.

Achtens lehnte das Verteidigungsministerium den DEFUSE-Vorschlag im Jahr 2018 ab, doch die NIAID-Finanzierung für die EcoHealth Alliance deckte die wichtigsten Wissenschaftler des DEFUSE-Projekts ab. Die EcoHealth Alliance erhielt daher fortlaufende NIH-Finanzierung, um das DEFUSE-Forschungsprogramm durchzuführen.

Neuntens: Als der Ausbruch Ende 2019 und im Januar 2020 in Wuhan erstmals festgestellt wurde, glaubten führende mit den National Institutes of Health (NIH) verbundene US-Virologen, dass Sars-CoV-2 höchstwahrscheinlich aus der Gain-of-Function-Forschung hervorgegangen sei, und sagten dies auch in einem Telefonat mit Fauci am 1. Februar 2020. Der auffälligste Hinweis war für diese Wissenschaftler das Vorhandensein der Furinspaltstelle bei Sars-CoV-2, wobei diese genau an der Stelle im Virus auftrat, die im DEFUSE-Programm vorgeschlagen worden war.

Zehntens versuchten die hochrangigen NIH-Beamten, darunter Direktor Francis Collins und NIAID-Direktor Fauci, die von den NIH unterstützte Gain-of-Function-Forschung zu verheimlichen, und förderten im März 2020 die Veröffentlichung einer wissenschaftlichen Arbeit («Der proximale Ursprung von SARS-CoV-2»), in der ein natürlicher Ursprung des Virus behauptet wurde. Der DEFUSE-Vorschlag wurde darin völlig ignoriert. 

Elftens begannen einige US-Beamte, mit dem Finger auf das Wuhan Institut für Virologie als Quelle des Laborlecks zu zeigen, während sie das von den NIH finanzierte und von der EcoHealth Alliance geleitete Forschungsprogramm verheimlichten, das möglicherweise zur Entstehung des Virus geführt hat.

Zwölftens sind die oben genannten Tatsachen nur aufgrund unerschrockener investigativer Berichterstattung, Whistleblowern und Leaks aus dem Inneren der US-Regierung ans Licht gekommen, einschliesslich des Leaks des DEFUSE-Vorschlags. Der Generalinspekteur des Gesundheitsministeriums stellte 2023 fest, dass die NIH die Zuschüsse an die EcoHealth Alliance nicht angemessen überwacht habe.

Dreizehntens haben Ermittler im Nachhinein auch festgestellt, dass Forscher von den Rocky Mountain Labs zusammen mit Wissenschaftlern der EcoHealth Alliance die an den Rocky Mountain Labs gehaltenen ägyptischen Flughunde mit Sars-ähnlichen Viren infizierten. Die Experimente ähnelten sehr den in DEFUSE vorgeschlagenen. 

Vierzehntens haben das FBI und das Energieministerium ihre Einschätzungen vorgelegt, wonach die Freisetzung von Sars-CoV-2 aus einem Labor die wahrscheinlichste Erklärung für das Virus ist. 

Fünfzehntens hat ein Whistleblower aus der CIA kürzlich den Vorwurf erhoben, das mit der Untersuchung beauftrage CIA-Team sei zu dem Ergebnis gekommen, dass Sars-CoV-2 höchstwahrscheinlich im Labor entstanden sei. Hochrangige CIA-Beamte hätten das Team jedoch bestochen, damit es einen natürlichen Ursprung des Virus vermeldete.

Was die USA der Welt schulden

Die Summe der Beweise – und andererseits das Fehlen zuverlässiger Beweise, die auf einen natürlichen Ursprung hinweisen (siehe hier und hier) – läuft darauf hinaus, dass die USA ein gefährliches Gain-of-Function-Forschungsprogramm finanziert und umgesetzt haben, das zur Entstehung von Sars-CoV-2 und in der Folge zu einer weltweiten Pandemie geführt hat. 

Eine aktuelle, eindringliche Einschätzung des mathematischen Biologen Alex Washburne kommt zu dem Schluss, dass «Sars-CoV-2 zweifelsfrei aus einem Labor stammt …» Er weist auch darauf hin, dass die Kollaborateure «damit begannen, etwas zu starten, was man zu Recht als Desinformationskampagne bezeichnen kann», um den Laborursprung zu verschleiern. 

Ein von den USA finanzierter Laborursprung von Covid-19 wäre sicherlich der bedeutendste Fall grober Fahrlässigkeit einer Regierung in der Weltgeschichte. Darüber hinaus ist es sehr wahrscheinlich, dass die US-Regierung bis zum heutigen Tag gefährliche Gain-of-Function-Arbeiten als Teil ihres Bioverteidigungsprogramms finanziert. Die USA sind dem Rest der Welt die ganze Wahrheit und vielleicht auch eine grosszügige finanzielle Entschädigung schuldig, je nachdem, was die Fakten letztendlich ans Licht bringen.

Drei dringend nötige Massnahmen

Wir brauchen drei dringende Massnahmen. Die erste ist eine unabhängige wissenschaftliche Untersuchung, bei der alle am EcoHealth Alliance-Forschungsprogramm beteiligten Laboratorien in den USA und China den unabhängigen Ermittlern ihre Bücher und Aufzeichnungen vollständig zugänglich machen. 

Die zweite ist ein weltweiter Stopp der Gain-of-Function-Forschung, bis ein unabhängiges globales wissenschaftliches Gremium Grundregeln für die Biosicherheit festlegt. 

Die dritte ist, dass die Generalversammlung der Vereinten Nationen Regierungen rigoros rechtlich und finanziell zur Verantwortung zieht, wenn sie internationale Sicherheitsnormen verletzen indem sie durch gefährliche Forschungsaktivitäten die Gesundheit und Sicherheit des Rests der Welt bedrohen.

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Übersetzung von Klaus Mendler.


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine. Jeffrey Sachs leitete die wissenschaftliche Covid-19 Kommission der medizinischen Zeitschrift «The Lancet» (siehe Einleitung).
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Baarer Politiker wirft sich erneut in den Wahlkampf

ALG-Politiker Simon Uster hofft im zweiten Wahlgang weiterhin auf einen Wahlsieg. (Bild: Andreas Busslinger / zvg)

In Baar konnte der erste Wahlgang keine Gewissheit schaffen, wer neu in den Gemeinderat Baar einziehen wird. Simon Uster stellt sich der ALG auch im zweiten Wahlgang zur Verfügung.

Nach dem Tod des Baarer Mitte-Gemeinderats Pirmin Andermatt entschied die Baarer Bevölkerung unter anderem über dessen Nachfolge. Keiner der drei Kandidaten erreichte ein absolutes Mehr, weswegen ein zweiter Wahlgang Klarheit schaffen soll (zentralplus berichtete).

ALG-Politiker Simon Uster wird auch zum zweiten Wahlgang antreten, wie die Grünen Baar mitteilen. Er habe im ersten Wahlgang ein beachtliches Resultat erzielt und als junger Kandidat parteiübergreifend Wählerinnen überzeugen können.

Die örtlichen Sozialdemokratinnen und Grünliberalen sowie die EVP Kanton Zug unterstütze Uster im Kampf um den freien Sitz, wie es in der Medienmitteilung heisst.

Mitte-Kandidat Vital Hotz tritt ebenfalls zum zweiten Wahlgang an, wie die Baarer Mitte-Präsidentin Mirjam Arnold schreibt. Er hat im ersten Wahlgang mit Abstand die meisten Stimmen geholt: rund 2100 Stimmen. Das sind rund 400 Stimmen mehr, als der Zweitplatzierte Uster. Trotzdem fehlten ihm noch rund 600 Stimmen fürs absolute Mehr, weshalb die Baarerinnen am 24. November erneut wählen.

Hinweis: Der Artikel ist um Informationen zur Kandidatur von Vital Hotz ergänzt worden.

Verwendete Quellen

  • Medienmitteilung der ALG Baar
  • Schriftlicher Austausch mit Mirjam Arnold, Präsidentin Mitte Baar
  • Ergebnisse Gemeinderatswahlen Baar

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Wie können westliche Frauen für die Hamas demonstrieren?

Urs P. Gasche /  Es ist nachvollziehbar, gegen Israels Politik zu demonstrieren. Unverständlich ist, wenn sich Frauen für die Hamas einsetzen.

Wer die Vernichtungspolitik der israelischen Regierung mit Präsident Benjamin Netanyahu ablehnt, kann sich gegen die Politik Israels wenden, ohne die Hamas oder den palästinensischen Hamas-Staat zu unterstützen. Es fällt auf, dass manche Frauen sich direkt oder indirekt mit der Hamas solidarisieren, obwohl sie wissen müssen, dass die fundamentalistische Hamas Frauenrechte mit Füssen tritt.
«Verstehen diese gebildeten Töchter des Wohlstands eigentlich, dass sie, wenn sie in Gaza, Teheran oder Kabul eine abweichende Meinung äussern oder wenn sie gar verkünden, dass sie ‹queer› oder ‹gay› sind, auf der Stelle Opfer eines ‹Ehrenmordes› würden?» Das fragte Phyllis Chesler am 8. Oktober in der «Emma».

Die Frauen unter der fundamentalistischen Hamas
Die Hamas stützt sich auf religiöse, politische und soziale Normen, welche die Frauen schwer diskriminieren. Die islamistische Ideologie schränkt das Leben der Frauen stark ein. 
Die gesetzlichen Vorgaben, die Frauen im Gazastreifen diskriminieren, sind stark durch die islamische Scharia sowie durch spezifische Regelungen der Hamas geprägt, die seit ihrer Machtübernahme 2007 das Gebiet regiert. Diese Vorgaben betreffen vor allem das Familienrecht, die Bewegungsfreiheit, die Bildungs- und Berufschancen sowie die öffentliche Ordnung. 

Im Folgenden einige der zentralen gesetzlichen Vorschriften und gesellschaftlichen Normen, die Frauen benachteiligen:

1. Scharia-basiertes Familienrecht
Das Familienrecht im Gazastreifen basiert auf der Scharia, welche in mehreren Aspekten die Rechte der Frauen gegenüber denen der Männer einschränkt:
– Ehe und Scheidung: Ein Mann kann die Ehe einseitig beenden, indem er die Scheidung (Talaq) ausspricht, während Frauen oft kompliziertere rechtliche Verfahren durchlaufen müssen, um sich scheiden zu lassen. Frauen müssen zudem oft finanzielle Ansprüche aufgeben, um eine Scheidung zu erhalten.
– Sorgerecht: Im Fall einer Scheidung erhält der Vater oft das gesetzliche Vormundschaftsrecht über die Kinder, insbesondere über Söhne, sobald diese ein bestimmtes Alter erreicht haben. Mütter dürfen in der Regel das Kind nur bis zu einem bestimmten Alter betreuen, bevor es dem Vater zugesprochen wird.
– Erbrecht: Frauen erhalten nach den Vorschriften der Scharia in der Regel nur die Hälfte dessen, was Männer erben. Eine Tochter erbt beispielsweise die Hälfte des Anteils eines Sohnes. Dies gilt auch für andere verwandtschaftliche Beziehungen.

2. Ausgeh- und Reisevorschriften
Obwohl es im Gazastreifen keine formalisierte gesetzliche Vorschrift zur Vormundschaft gibt, wie es sie beispielsweise in Saudi-Arabien gibt, existieren dennoch de facto Vorschriften, die Frauen in Abhängigkeit von männlichen Verwandten halten.
– Ausgehen: Das unbegleitete Flanieren unverheirateter Paare ist verboten. Eine spezielle Frauenpolizei überwacht die Einhaltung der Vorschriften.
– Reisen: Frauen, besonders jüngere Frauen, benötigen häufig die Zustimmung eines männlichen Verwandten (Vater, Bruder oder Ehemann), um den Gazastreifen zu verlassen. Diese Einschränkungen wurden durch die restriktive Politik der Hamas und die Kontrolle der Grenzen verstärkt.

3. Kleidervorschriften und öffentliche Ordnung
– Kopftuchpflicht: Die Hamas setzt die Einhaltung strenger islamischer Kleidervorschriften durch, insbesondere das Tragen des Hijabs (Kopftuch) und einer konservativen Kleidung in der Öffentlichkeit. Frauen, die sich nicht an diese Vorschriften halten, können von den Behörden und der Sittenpolizei verwarnt oder bestraft werden. 
– Geschlechtertrennung: In vielen öffentlichen Einrichtungen wie Schulen, Universitäten und Freizeiteinrichtungen wird eine strikte Geschlechtertrennung durchgesetzt. Dies schränkt Frauen sowohl im Bildungsbereich als auch in ihrer gesellschaftlichen Teilhabe ein.

4. Gesetze zur öffentlichen Moral»
Die Hamas führte ausserdem Gesetze zur «öffentlichen Moral» ein, die Frauen besonders betreffen. Diese Gesetze beinhalten Vorschriften über das Verhalten von Frauen in der Öffentlichkeit, die Art der sozialen Interaktion zwischen den Geschlechtern und die Einhaltung religiöser Normen.
Lehrer dürfen nur Jungen unterrichten, Lehrerinnen nur Mädchen. 
Ein Militärgesetzbuch sieht harte Strafen für gleichgeschlechtliche Liebe vor: 100 Peitschenhiebe und bis zu einem Jahr Haft für Geschlechtsverkehr. Bei mehreren Partnern oder Partnerinnen drohen zusätzlich bis zu sieben Jahre Haft.

5. Einschränkungen im Arbeits- und Bildungsbereich
– Begrenzte Berufschancen: Obwohl Frauen im Gazastreifen theoretisch Zugang zu Bildung und Arbeit haben, sind sie in der Praxis oft in traditionellen Rollen gefangen. In öffentlichen Institutionen oder in höheren Positionen gibt es nur sehr wenige Frauen, da die Hamas eine konservative Vorstellung von Geschlechterrollen fördert.
– Sozialer Druck: Frauen, die Berufe ergreifen, die als «unweiblich» gelten oder die eine aktive Rolle in der Politik spielen wollen, sehen sich häufig starkem sozialen Druck ausgesetzt. Das schränkt ihre Karrierechancen und ihre öffentliche Präsenz stark ein.

6. Politische Unterdrückung
Frauen sind in der Politik stark unterrepräsentiert. Obwohl es keine expliziten gesetzlichen Vorgaben gibt, die ihre politische Teilhabe verbieten, behindern strukturelle und soziale Hürden ihre politische Beteiligung. Die Hamas fördert eine patriarchalische Auslegung des Islams, die Frauen von politischen Machtpositionen fernhält und ihre Teilnahme am öffentlichen Leben auf ein Minimum beschränkt.

Alle diese rechtlichen Vorgaben und sozialen Normen verwendet die Hamas, um ihre konservative und religiöse Ideologie durchzusetzen. Sie drängen Frauen in eine untergeordnete Rolle und entziehen ihnen grundlegende Rechte wie die freie Wahl in der Ehe, die Bewegungsfreiheit und die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben.

Dieser Artikel erschien zuerst auf infosperber.ch

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Emmen: Gemeinde erwartet finanziellen Taucher

Die Gemeinde Emmen ist in einer angespannten finanziellen Lage. (Bild: Gemeinde Emmen)

Der Emmer Gemeinderat rechnet für das nächste Jahr mit einem Minus bei den Finanzen. Es stehen hohe Ausgaben an.

Die Gemeinde Emmen hat ihr Budget für das kommende Jahr präsentiert. Der Finanzhaushalt bleibt unter Druck, wie die Gemeinde in einer Medienmitteilung am Donnerstag schreibt. Sie rechnet zwar mit steigenden Erträgen, diese hinkten aber den Ausgaben hinterher.

Entsprechend rechnet der Gemeinderat für das anstehende Jahr mit einem Minus von 1,2 Millionen Franken. Insgesamt stehen sich im Budget 252 Millionen Franken an Aufwänden 251 Millionen Franken an Einnahmen gegenüber. Die Aufwände steigen 2025 um knapp 12 Millionen Franken, wozu insbesondere höhere Personalkosten beitragen.

Ein gewisser Druck ist vorhanden

Der Gemeinderat rechnet damit, dass die Schieflage der Fiskalfinanzen nach vier positiven Jahresabschlüssen in Folge nicht lange andauert. Bereits ab 2027 geht die Gemeinde wieder von schwarzen Zahlen in ihren Büchern aus. Wie der Medienmitteilung zu entnehmen ist, sieht der Gemeinderat zumindest bis 2028 keine Steuererhöhung vor.

In den kommenden Jahren steht Emmen vor grossen Investitionen. Für die gesamte Budget- und Planperiode 2025 bis 2028 sind Nettoinvestitionen von total 142 Millionen Franken vorgesehen. Der Grossteil soll in die Schulinfrastruktur fliessen.

Angesichts dieser Ausgaben sagt Finanzdirektor Patrick Schnellmann, dass die Planjahre 2026 bis 2028 zwingend positiv abgeschlossen werden müssten. «Nur so können die anstehenden Investitionsvorhaben finanziert und die Verschuldung begrenzt werden», ist er in der Mitteilung zitiert. Der Einwohnerrat behandelt das Budget am 12. November.

Verwendete Quellen

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Sechs Erklärungen für die wachsende Impfskepsis

Ramesh Thakur / Julian Gillespie /  Eltern lassen ihre Kinder weltweit weniger impfen. Zur Skepsis trug die übertrieben positive Darstellung der Covid-Impfung bei.

Red. – Der folgende Artikel von Ramesh Thakur und Julian Gillespie wurde auf der Website des Brownstone Institute veröffentlicht, das seit seiner Gründung 2021 Corona-Massnahmen und die Covid-Impfung für die gesamte Bevölkerung in Frage stellt. Thakur ist ehemaliger stellvertretender Generalsekretär der Vereinten Nationen und emeritierter Professor der Crawford School of Public Policy der Australian National University. Gillespie ist ein australischer Anwalt, der sich unter anderem dafür einsetzt, die vorläufige Zulassung der Covid-19-Impfstoffe wegen Nichteinhaltung regulatorischer Standards für ungültig erklären zu lassen. Über diese Sicht informieren grosse Medien selten. Deshalb veröffentlicht Infosperber eine übersetzte und stark gekürzte Fassung des englischen Originalartikels.

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Wie Unicef im April letzten Jahres berichtete, ist die Durchimpfungsrate in 112 Ländern zurückgegangen, und 67 Millionen Kinder haben im Zeitraum 2020-23 mindestens eine der üblichen Impfungen versäumt, aufgrund von Lockdown-Bestimmungen oder gesunkenem Vertrauen in die Impfstoffe. Die Zahl der Erkrankungen an Masern verdoppelte sich 2022 im Vergleich zu 2021, Polio stieg um 16 Prozent. Insgesamt verzeichnete Unicef den «stärksten anhaltenden Rückgang bei Kinder-Impfungen innerhalb von 30 Jahren».

In 52 der 55 von Unicef untersuchten Länder sank die Akzeptanz von Kinder-Impfungen in der öffentlichen Wahrnehmung. Die einzigen Länder, in denen der Glaube an Impfungen stabil blieb, waren China, Indien und Mexiko. Der Bericht warnt: «Das Zusammentreffen mehrerer Faktoren deutet darauf hin, dass die Gefahr einer Impfskepsis wachsen könnte.» Zu diesen Faktoren zählen «Unsicherheit über die Pandemie-Massnahmen, (…) sinkendes Vertrauen in Fachwissen und politische Polarisierung.»

Masernerkrankungen nehmen zu

Masern sind in den westlichen Industrieländern wieder auf dem Vormarsch. Am 24. Januar zitierte die BBC einen WHO-Bericht über einen 45-fachen Anstieg der Masernerkrankungen in Europa im Jahr 2023 (42’200 Fälle) verglichen mit 2022 (900 Fälle). In Grossbritannien erreichten die Erkrankungen den höchsten Stand seit den 1990er Jahren. Für die Herdenimmunität gegen Masern müssen etwa 95 Prozent der Fünfjährigen geimpft sein, in Teilen Grossbritanniens sind dies jedoch nur noch 75 Prozent, und in einigen Bezirken Londons sogar nur 56 Prozent.

Eine Umfrage, die von der Kampagnen-Organisation UsForThem durchgeführt wurde, zeigt:

  • Nur 52 Prozent der Befragten glauben, dass die britische Regierung ehrlich über die Risiken der Covid-Impfung informiert hat.
  • Fast doppelt so viele Befragte (57 gegenüber 30 Prozent) glauben, dass die britischen Minister über die Notwendigkeit der Covid-Massnahmen eher unehrlich als ehrlich gewesen sind.
  • 72 Prozent haben kein Vertrauen mehr in öffentliche Gesundheitsinformationen und Anweisungen der Regierung.
  • Der Anteil der Eltern von Kindern unter 18 Jahren, die ihr Kind mit von der Regierung empfohlenen Impfungen wahrscheinlich impfen lassen würden, ist von 84 Prozent (vor der Pandemie) auf 60 Prozent gesunken.

In diesem Artikel nennen wir sechs Pandemie-Massnahmen, die eine Erklärung für die zunehmende Impfskepsis sein können.

1. Die Wirksamkeit wurde übertrieben

US-Präsident Joe Biden erklärte am 20. Juli 2021 während einer CNN-Veranstaltung, die Impfstoffe würden die Menschen davor schützen, Covid zu bekommen; oder wenn sie es bekämen, würden sie nicht ins Krankenhaus müssen, und sie würden nicht sterben.

Aber der anfängliche Glaube, die Impfstoffe könnten effektiv die Zusammenhänge zwischen Infektion, Hospitalisierung und Tod unterbrechen, wurde bald erschüttert, als mit den Massenimpfungen immer mehr Daten verfügbar waren. In Israel sank die Effizienzrate des Pfizer-Impfstoffs gegen symptomatische Erkrankungen auf 41 Prozent, die Rate von AstraZeneca sank in Grossbritannien auf 1,5 Prozent gegen Infektionen und 60 Prozent gegen schwere Erkrankung. Anfangs war man bei beiden Impfstoffen von einer Rate von über 90 Prozent ausgegangen.  

Die Daten aus Australien deuteten anfangs auf eine starke Schutzwirkung vor schwerer Erkrankung und Tod hin. Als sich jedoch im Laufe der Zeit mehr Daten ansammelten, zeigte sich, dass trotz einer Impfrate von 95 Prozent kein Schutz vor Infektion, schwerer Erkrankung und Tod gegeben war. Deshalb war in Australien die Sterblichkeit in Verbindung mit Covid 2022/23 höher als 2020/21.

2. Impfschäden wurden verleugnet, untertrieben und verharmlost

Regierungen und Gesundheitsbehörden unternahmen Ausserordentliches, um Informationen über die schwerwiegenden Nebenwirkungen der Covid-19-Impfstoffe zu unterdrücken.

Mit der wachsenden Zahl von Impfgeschädigten waren immer mehr Menschen entweder direkt betroffen, oder sie kannten zumindest im Familien- und Kollegenkreis jemanden, der davon berichten konnte. Dies führte zu steigendem Misstrauen gegenüber Pharmakonzernen, Regierungen, Gesundheitsbehörden und Medien.

Tatsächlich wird die Impfskepsis durch Zensur, Unterdrückung und Schönfärberei geschürt. Wenn die Regierung stattdessen erklärt hätte, es handle sich um neuartige Impfstoffe, bei denen Nebenwirkungen unvermeidlich seien, aber es würden Programme zu deren Bewältigung durchgeführt, man verpflichte auch die Hersteller, dabei zu helfen – dann hätten die Menschen dies viel eher verstanden und wertgeschätzt.

3. Die natürliche Immunität wurde geleugnet

Die dauerhafte Schutzwirkung der natürlichen Immunität, die durch virale Infektionen erworben wird, war Medizinern schon seit der Pest von Athen bekannt. Aus irgendwelchen Gründen verschwand dieses Wissen während dreier Jahre (2020-22) in der Versenkung, bevor es dann wiederentdeckt wurde. Die WHO zeigte eine unerwartete Bereitschaft, den Begriff der «Herdenimmunität» zu manipulieren und sich damit den experimentellen pharmazeutischen und nicht-pharmazeutischen Massnahmen anzupassen, welche die Covid-Politik rund um die Welt bestimmten. Wer daran erinnerte, dass die natürliche Immunität real und wirkmächtig sei, wurde einfach ignoriert.

Professor Robert Dingwall, Mitglied des britischen Ausschusses für Impfung und Immunisierung, schlug am 30. Juni 2021 vor, Kinder besser an Covid erkranken zu lassen, als sie zu impfen. Da Covid für Kinder nur ein geringes Risiko darstelle, wären sie möglicherweise «durch die natürliche Immunität infolge einer Infektion besser geschützt, als wenn sie das mögliche Risiko einer Impfung auf sich nehmen.»

Am 30. Juli 2021 schrieb der Arzt Marty Makary von der Johns Hopkins Universität auf Twitter: «Der Begriff Pandemie der Ungeimpften ist falsch. Es ist eine Pandemie der Nicht-Immunisierten.» Dazu ergänzte Martin Kulldorff von der Harvard Medical School am 6. August 2021: «Geimpfte haben eine 6,72-mal höhere Wahrscheinlichkeit, infiziert zu werden, als Menschen mit einer natürlichen Immunität durch eine frühere Covid-Erkrankung.»

4. Behörden bestanden auf der Impfung

Hanna Nohynek ist Chefärztin am finnischen Institut für Gesundheit und Soziales und Vorsitzende der strategischen Expertengruppe der WHO für Impfungen. Im April dieses Jahres sagte sie in Helsinki vor Gericht aus, die Behörden hätten schon im Sommer 2021 gewusst, dass die Covid-Impfstoffe vor Infektionen und Übertragungen nicht schützten. Deshalb hätten vorgeschriebene Impfungen keinen Sinn mehr und könnten die Situation sogar verschlimmern, indem sie ein falsches Sicherheitsgefühl vermittelten. Aber die WHO empfahl weiterhin die Impfungen, und die Regierungen verlangten sie.

Jede Entscheidung über eine Impfpflicht muss zwei Fragen berücksichtigen:

Ist sie medizinisch gerechtfertigt? Für eine positive Antwort müssten überwältigende gesundheitliche Vorteile für den Einzelnen vorliegen, und Voraussetzung dafür wäre der Nachweis eines schwerwiegenden Krankheitsrisikos ohne Impfung. Erforderlich wäre ferner eine hohe Wirksamkeit der Impfstoffe, die sowohl in Labortests als auch unter realen Bedingungen belegt werden müsste.

Ist sie ethisch gerechtfertigt? Von einer ethischen Rechtfertigung könnte man sprechen, wenn überzeugende Daten einen erheblichen Nutzen für die Gesellschaft belegen, der den Verlust der individuellen Autonomie und körperlichen Integrität überwiegt.

In den ersten Monaten nach Einführung der Impfstoffe belegten die Daten den Schutz der Geimpften vor schwerer Erkrankung. Aber der Schutz vor Übertragung der Krankheit fiel auch in dieser Zeit bescheiden aus.

Als sich im Herbst 2022 auf der Nordhalbkugel die neue Omikron-Variante ausbreitete, war sowohl der persönliche Schutz als auch die Reduktion der Übertragung unerheblich geworden. Eine Studie im «New England Journal of Medicine» zeigte im Juni 2022, dass Menschen mit Covid-19 das Virus in vergleichbarem Masse weiterverbreiten, unabhängig von ihrem Impfstatus. Folglich war es nach ethischen Kriterien nicht zulässig, Ungeimpften den Zugang zu öffentlichen Räumen zu verweigern, da der Impfstatus nichts darüber aussagt, ob eine Person die Krankheit verbreiten kann, oder nicht.

Da ausserdem im Prinzip nur ältere Menschen das Risiko eines schweren Krankheitsverlaufs hatten, aber alle Altersgruppen dem Risiko durch Impfnebenwirkungen ausgesetzt waren, gab es nie eine medizinische und erst recht keine ethische Rechtfertigung dafür, Schulkinder und Studenten zu impfen. Insbesondere deshalb, weil mit dem allgegenwärtigen Auftreten neuer Virus-Mutationen Impfdurchbrüche an der Tagesordnung waren. Unter diesen Umständen waren die einzigen Kriterien, um den Erfolg der Impfungen beurteilen zu können, die Auswirkungen auf Mortalität und Hospitalisierungen.

Das gesamte Spektrum der Kollateralschäden, die Schülern und Studierenden zugefügt wurden, machte die Forderung, dass sie sich gegen Covid impfen lassen müssen, komplett unethisch. In der Rückschau ist festzustellen, dass die Notfallzulassung für Covid-Impfstoffe nur für alte Menschen und solche mit Vorerkrankungen hätte gelten dürfen.

5.Stimmen von Kritikern wurden zensiert und unterdrückt

Die britische Rundfunkregulierungsbehörde Ofcom tadelte im März 2023 [den kanadischen Journalisten – Anm.d.Red.] Mark Steyn für ein Interview mit Naomi Wolf vom April 2022. Er hatte aus Daten der britischen Gesundheitsbehörde die Schlussfolgerung gezogen, Covid-Auffrischungsimpfungen brächten ein deutlich höheres Risiko für Infektionen, schwere Erkrankungen und Tod. Die Regulierungsbehörde Ofcom erklärte, die Sender dürften kontroverse Programme ausstrahlen und Statistiken kritisieren, aber nicht darauf bestehen, dass aus den Daten nur eine einzige Schlussfolgerung gezogen werden könne. 

Allerdings wurden Impfbefürworter nie nach denselben Standards behandelt. Am 9. September 2022 twitterte FDA-Leiter Dr. Robert M. Califf, der aktualisierte Bivalent Wuhan-Omicron BA.4/5-Booster «erhöht Ihre Chancen, an bevorstehenden Treffen mit Familie und Freunden teilzunehmen.» Prasad und Haslam [Vinay Prasad ist ein bekannter Professor für Epidemiologie in den USA, Alyson Haslam gehört zu seiner Forschungsgruppe – Anm. d. Red.] kommentierten das ironisch: «Hätte das Unternehmen dies geschrieben, könnte die FDA eine Geldstrafe wegen falscher Angaben verhängen.»

In Australien führten die bohrenden Fragen des Senators Alex Antic zur offiziellen Bestätigung, dass die Regierung innerhalb von drei Jahren in 4213 Fällen intervenierte, um Postings über die Pandemie auf digitalen Plattformen zu zensieren oder einzuschränken. Die entsprechenden Aufforderungen kamen vom Innenministerium. Wie in den USA spielte hier der nationale Sicherheitsapparat die führende Rolle beim Umgang mit der Pandemie.

6. Gentherapie wurde zur Impfung umdefiniert

In diesem asymmetrischen Informationskampf hat die Öffentlichkeit kürzlich gelernt, dass die «sicheren und effektiven» Allheilmittel gegen Covid in Australien, Südafrika, Grossbritannien und der EU der gesetzlichen Definition von gentechnisch modifizierten Organismen (GMO) entsprechen und man somit korrekterweise von Gentherapien sprechen sollte.

Diese juristische Klassifizierung kam durch das oberste Bundesgericht Australiens ans Tageslicht. Es kam in einem Verfahren gegen den Pharmakonzern Pfizer zum Ergebnis, Pfizer und Moderna hätten immer gewusst, dass es sich bei ihren Produkten um GMO handelt, aber im Gegensatz zu AstraZeneca, das eine GMO-Lizenz beantragte und bewilligt bekam, versuchten Pfizer und Moderna, diese gesetzlich vorgeschriebene Prozedur zu umgehen. Der Handel mit GMO ohne Lizenz ist in Australien eine schwere Straftat.

Dies wirkt sich erheblich auf die von den schlecht oder falsch informierten Impflingen erteilte Zustimmung zur Impfung aus. Ganz zu schweigen von den Folgen für die menschliche DNA. Die genetischen Risiken dieser GMO wurden nie bewertet oder öffentlich diskutiert, wie es die Gesetzgebung in Australien verlangt.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass etwas mehr Bescheidenheit und eine öffentliche Entschuldigung ein besserer Ansatz sein könnten, um der Impfskepsis entgegenzuwirken und das Vertrauen der Menschen in die Infrastruktur öffentlicher Gesundheitseinrichtungen und Regulierungsbehörden wiederherzustellen, als weiterhin besorgte Menschen zu kritisieren, welche die Exzesse der Covid-Politik in Frage stellen.

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Übersetzung von Klaus Mendler.

Nachtrag am 15.7.2024: WHO ist besorgt wegen niedrigerer Kinderimpfraten nach der Pandemie

«Uno-Organisationen haben wegen mangelnder Fortschritte bei Kinderimpfungen Alarm geschlagen», vermeldet die Schweizer Nachrichtenagentur Keystone-SDA heute. Laut der WHO und dem Kinderhilfswerk Unicef seien die Impfraten während der Corona-Pandemie weltweit zurückgegangen und hätten 2023 noch immer unter Vor-Corona-Niveau gelegen. Als Gründe führt die WHO an: Unterbrechungen bei Impfprogrammen im Zuge der Corona-Pandemie, Zunahme der Impfskeptiker, Falschinformationen, Misstrauen gegenüber Gesundheitseinrichtungen und schwieriger Zugang zu Vakzinen, etwa wegen bewaffneten Konflikten.

Was hingegen nicht erwähnt wird, war das Debakel mit der Dengue-Impfung. Es wäre vermeidbar gewesen. Im Gefolge dessen sank die allgemeine Impfrate beispielsweise auf den Philippinen von sonst etwa 70 Prozent auf 40 Prozent (Infosperber berichtete). Auch die Warnungen und Fragezeichen von Wissenschaftlern im Zuge der Malaria-Impfprogramme werden nicht erwähnt. Dort wurden Studiendaten zurückgehalten (Infosperber berichtete). (mfr)


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine
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Meinungen in Beiträgen auf Infosperber entsprechen jeweils den persönlichen Einschätzungen der Autorin oder des Autors.

(Quelle: Infosperber) Link zum Originalpost

Corona: Wissenschaftler waren Befehlsempfänger der Politik

Martina Frei /  Geleakte Protokolle des Robert-Koch-Instituts decken auf: Die Experten wurden übergangen. Aber sie schwiegen und machten mit.

Noch warten die jetzt veröffentlichten rund 4000 Seiten Protokolle des Covid-19-Krisenstabs auf eine detaillierte Auswertung. «Wir brauchen jetzt viele Köpfe, um das durchzuarbeiten», sagte der Journalist Bastian Barucker am 23. Juli an einer eiligst einberufenen Medienkonferenz in Berlin.

Eine frühere Mitarbeiterin oder ein Mitarbeiter am Robert-Koch-Institut (RKI) liess der Journalistin Aya Velázquez sämtliche Protokolle des «COVID-19-Krisenstabs des Robert-Koch-Instituts» und weiteres Material zukommen. Velázquez veröffentlichte alle Dateien zum Herunterladen im Internet. Bisher war erst ein Teil der Protokolle – mit vielen Schwärzungen – bekannt (Infosperber berichtete). Das RKI kritisierte die jetzige Veröffentlichung ohne jegliche Schwärzungen mit Verweis auf Geschäftsgeheimnisse von Pharmaherstellern und den Persönlichkeitsschutz Dritter.

Medienkonferenz Homburg, Velázquez, Barucker
Professor Stefan Homburg, Aya Velázquez und Bastian Barucker (v.l.n.r.) an der Medienkonferenz in Berlin. Grosse Medien fehlten im Publikum.

Wissenschaftler als Erfüllungsgehilfen

Was Velázquez, Barucker und der pensionierte Finanzprofessor Stefan Homburg in den rund 4000 ungeschwärzten Seiten bisher ausgruben, wirft ein schlechtes Licht auf die Wahrhaftigkeit von Wissenschaftlern und Politikern. 

Während der Pandemie rechtfertigten Regierungen ihre Massnahmen mit dem Hinweis auf wissenschaftliche Erkenntnisse. Das Motto lautete «Follow the Science», folge der Wissenschaft. Doch wie die Protokolle jetzt nahelegen, folgten die Wissenschaftler stattdessen häufig den Anordnungen der Politik. Die Experten am RKI, das dem deutschen Gesundheitsministerium untersteht, äusserten zwar immer wieder Bedenken. Doch streckenweise machten sie sich – wider besseres Wissen – zu gehorsamen Erfüllungsgehilfen. 

Noch im März 2024 hatte der deutsche Gesundheitsminister Karl Lauterbach gegenüber der «Süddeutschen Zeitung» gesagt, es brauche keine politische Aufarbeitung der Corona-Pandemie, sondern nur eine wissenschaftliche. Die folgenden Beispiele widerlegen ihn.

Acht Beispiele

1. Aus den RKI-Protokollen geht hervor, dass den Fachleuten dort klar war, dass Personen nur etwa zwei bis acht Wochen nach der Impfung vor einer Coronavirus-Infektion geschützt sind, und dass sie danach – ohne oder nur mit leichten Symptomen – «durchaus hohe Viruskonzentrationen im Nasen-/Rachenraum aufweisen und kontagiös [also ansteckend – Anm. d. Red.] sind».

Trotzdem erhielten Geimpfte von den Behörden anfangs ein Covid-Zertifikat für zwölf Monate ausgestellt, später wurde es auf neun Monate verkürzt. Dieses Zertifikat berechtigte zur Teilnahme am gesellschaftlichen Leben. Europaweit nahmen die Behörden damit in Kauf, dass sich Geimpfte in falscher Sicherheit wiegten und sich für nicht ansteckend hielten, obschon sie das Virus übertragen konnten wie Ungeimpfte. 

2. Der damalige deutsche Gesundheitsminister – und mit ihm viele Medien – sprach von der «Pandemie der Ungeimpften». Im RKI-Protokoll vom 5. November 2021 steht dazu:

«Aus fachlicher Sicht nicht korrekt […] Sagt Minister bei jeder Pressekonferenz, vermutlich bewusst, kann eher nicht korrigiert werden.»

RKI-Protokoll

Prominente und grosse Medien nannten Menschen, die sich nicht impfen liessen, in der Folge «Arschlöcher» («Tages-Anzeiger» vom 8.12.2021), «Pandemietreiber», «Blinddarm», «Tyrannen», «Sozialparasit» und anderes mehr. «Der Spiegel» forderte schon im Dezember 2020**: «Möge die gesamte Republik mit dem Finger auf sie zeigen.»

Lothar Wieler, der damalige Leiter des RKI, hätte öffentlich erklären können, dass es sich um keine «Pandemie der Ungeimpften» handelte. Doch er schwieg.

Im Gegensatz zum Virologen Christian Drosten. 

Im November 2021 erklärte Drosten in der «Zeit»: «Es gibt im Moment ein Narrativ, das ich für vollkommen falsch halte: die Pandemie der Ungeimpften. Wir haben keine Pandemie der Ungeimpften […] Wir haben eine Pandemie, zu der alle beitragen – auch die Geimpften, wenn auch etwas weniger.»

3. Aber auch Drosten (der nicht zum RKI-Krisenstab gehörte) kuschte, wenn er es für opportun hielt. Das RKI-Protokoll hielt am 29. Juli 2020 fest, Drosten habe einen vertraulichen Textentwurf mit Empfehlungen zur Teststrategie verfasst, aber

«zwischenzeitlich entschieden, das Papier nicht zu publizieren, da ungezielte Testung im Text als nicht sinnvoll betrachtet wird und dies dem Regierungshandeln widerspricht». 

RKI-Protokoll

Drosten habe damit seiner fachlichen Ansicht zuwider gehandelt, sagte die Journalistin Aya Velázquez an der Pressekonferenz. Die dadurch entstandene Steuergeldverschwendung durch ungezieltes Testen bezifferte sie «im Bereich von mindestens 10 Milliarden Euro». Ein Reporter von der «Welt» bat Drosten um eine Stellungnahme dazu – vergebens. In der «Süddeutschen Zeitung» vom 26.7.2024 ** bestritt Christian Drosten, dass er den Textentwurf zurückgehalten habe. Möglicherweise sei da im RKI etwas falsch aufgefasst oder berichtet worden, sein Text sei Tage später in der «Zeit» veröffentlicht worden.

4. RKI-Leiter Wieler schwieg öffentlich auch, als es um die Schulschliessungen ging. Ende Februar 2020 kehrte ein RKI-Mitarbeiter aus China zurück, wo er sich ein Bild der Lage machen konnte. Im Protokoll steht:

«Kinder 2 Prozent der Fälle in grosser Studie, Kinderkrankenhaus bestätigt alle ohne Komplikationen; […] Schulen, Kitas stehen nicht im Vordergrund, Kinder keine wichtigen Glieder in Transmissionsketten; Rolle der Kinder eher untypisch untergeordnet (anders als Influenza), mehr Studien müssen erfolgen.»

RKI-Protokoll

 Am 11. und 12. März 2020 hielt der RKI-Expertenrat

«Schulschliessungen nur in besonders betroffenen Gebieten für sinnvoll».

RKI-Protokoll

Ebenfalls am 12. März hob der Virologe Christian Drosten im «NDR»-Podcast den Nutzen von Schulschliessungen hervor – mit Verweis auf eine Studie zur Influenza (Grippe). Hatte Drosten tags zuvor noch verkündet «Das bringt nicht so viel», machte er nun eine Kehrtwende um 180 Grad. «Der Virologe Drosten schien nun für Schulschliessungen zu sein» und er habe den Ministern und der deutschen Kanzlerin empfohlen «schnell zu handeln», fand «Der Spiegel» heraus.*

Am 13. März 2020 vermerkt das RKI-Protokoll:

«Herr Spahn [der damalige Gesundheitsminister – Anm. d. Red.] hat angeordnet, dass eine Passage zu Schulschliessungen in die Kriterien für die Risikoeinschätzung von Grossveranstaltungen eingefügt wird.»

RKI-Protokoll

Am 16. März 2020 mussten alle Schulen in Deutschland schliessen. «Deutschland hatte mit die längsten Schulschliessungen in ganz Europa», sagte Bastian Barucker, der die RKI-Protokolle mit dem Fokus auf die Kinder sichtete. Im April 2020 sei dann in einem RKI-Protokoll mit Verweis auf eine Übersichtsarbeit zu lesen gewesen:

«Schulschliessungen haben vermutlich keinen grossen Einfluss auf die Kontrolle der Epidemie gehabt.» 

RKI-Protokoll

Auch im Herbst 2021 sei das RKI dabei geblieben, dass von jüngeren Kindern nur sehr selten Infektionsketten ausgingen.

Politisches Kalkül statt epidemiologischer Beurteilung

Selbst die «Süddeutsche Zeitung», die während der Corona-Pandemie eine regierungsfreundliche Haltung einnahm, berichtete jüngst über «Patzer in der Pandemie». So habe die deutsche Regierung im Sommer 2020 eine Reisewarnung für die Türkei aus rein politischen Gründen aufgehoben. Die Türkei hatte darum gebeten – und für die deutsche Regierung war es offenbar wichtiger, diese Bitte zu erfüllen, als auf den Rat ihrer RKI-Berater zu hören, die sich wegen der Infektionslage sorgten.

5. Auch am Beispiel der Kinderimpfung zeigt sich, wie die Politik eingriff und ihre wissenschaftlichen Experten überging. Auszug aus dem RKI-Protokoll: 

«Pädiatrische Fachverbände stehen der Impfung von Kindern zurückhaltend gegenüber. Politik bereitet bereits Impfaktionen vor, damit die entsprechenden Jahrgänge zum Ferienende geimpft sind. […] In vielen Regionen der Welt fehlen Impfstoffe, hier werden Gruppen ohne/mit sehr geringem Risiko geimpft.»

RKI-Protokoll

Zur Erinnerung: In der Schweiz wollte die Eidgenössische Kommission für Impffragen EKIF die Covid-Impfung Jugendlicher im Sommer 2021 nicht empfehlen. Doch das Bundesamt für Gesundheit (BAG) bestand darauf, dass die EKIF eine Empfehlung für Heranwachsende aussprach (Infosperber berichtete). 

6. Die Experten am RKI stellten am 8. Januar 2021 fest:

«Es sind keine Ausbrüche bekannt, die von Reinfizierten ausgehen, diese scheinen nicht den gleichen Beitrag zur Gesamtausbreitung zu haben wie Erstinfizierte.»

RKI-Protokoll

Und weiter: Es gebe keine Belege, dass einmal Genesene wesentlich zur Virusübertragung beitragen würden:

«Quarantänepflichtausnahme kann für diese bestehen bleiben. Das gleiche für Geimpfte zu behaupten ist nicht möglich, diese sollten weiterhin keinen Sonderstatus erhalten.»

RKI-Protokoll

Trotzdem entschied die Politik, dass Genesene das Covid-Zertifikat nur für eine Dauer von sechs Monaten erhielten. 

Dabei sei bereits im Februar 2021 klar gewesen, sagte der österreichische Wissenschaftler Stefan Pilz im Interview mit Infosperber, dass «Genesene gegenüber den Geimpften einen ähnlichen Schutz haben. Auch war bereits damals eindeutig gezeigt worden, dass die Immunität nach einer Sars-CoV-2-Infektion länger als sechs Monate anhält.»

Zur Erinnerung: Das Schweizer Bundesamt für Gesundheit behauptete noch Ende Juni 2021: «Es gibt keine Hinweise für eine längere Schutzdauer als sechs Monate bei genesenen Personen.» Die nationale Covid-19-Science-Taskforce pflichtete dem BAG damals bei und unterstützte den Entscheid, Genesene gegenüber Geimpften beim Covid-Zertifikat zu benachteiligen.

7. Aya Velázquez, Stefan Homburg und Bastian Barucker fanden weitere Beispiele in den RKI-Protokollen, wie Politiker die beratenden Wissenschaftler rechts überholten. Im Oktober 2021 etwa habe der deutsche Gesundheitsminister «die doppelte Impfung von Genesenen nahegelegt. Hierzu liegen unserem Fachgebiet und der WHO noch keine Daten vor», habe im Protokoll gestanden. 

«Die Forderungen nach der Booster-Impfung – zumindest das kann man gut beweisen in den Protokollen – kamen zunächst von Pfizer und der Politik und nicht aus der Wissenschaft», sagte Velázquez und zitierte aus dem Protokoll vom 30. Juli 2021: Die Boosterimpfung werde «vor allem von Politik und Pfizer gefordert. Bisher nicht ausreichend Daten vorhanden.»

Journalistin Aya Velázquez
Die freie Journalistin Aya Velázquez an der von ihr einberufenen Medienkonferenz am 23. Juli 2024.

8. «Die schlimmste Stelle in diesen Protokollen» nannte Professor Stefan Homburg eine vom 19. März 2021:

«Jetzt 12 Fälle mit Sinusvenenthrombose: alle 12 Frauen nach Impfung mit Astra Zeneca, alle < 55 Jahre, auffälliges Cluster.»

RKI-Protokoll

Norwegen habe die Impfung mit dem Impfstoff von Astra Zeneca ausgesetzt. Es gebe «viele Fälle mit arteriellen Thrombosen in anderen Ländern». Die Meldestellen für Impfnebenwirkungen in Deutschland «kommen nicht gut hinterher», beim Paul-Ehrlich-Institut seien «am Montag 1600 Meldungen» eingegangen, was möglicherweise aber an der erhöhten Aufmerksamkeit liege. Die Europäische Arzneimittelbehörde habe entschieden, der Impfstoff sei sicher, einige Länder Europas hätten anders entschieden.**

Zwei Wochen später gehe aus dem RKI-Protokoll hervor, dass die Wahrscheinlichkeit einer Sinusvenenthrombose auch bei Männern erhöht sei, und zwar 20-mal so hoch wie sonst, berichtete Homburg. Die Experten wussten also um das erhöhte Risiko, auch bei Männern. 

Die Bevölkerung wurde skeptisch gegenüber dem Astra Zeneca-Impfstoff – und die Politiker krempelten die Ärmel hoch: Am 1. April 2020 schrieb das «Deutsche Ärzteblatt»: «Bundespräsident Steinmeier mit Astra Zeneca geimpft.» Eine Woche danach titelte «Der Spiegel»: «Karl Lauterbach hat sich mit Astra Zeneca impfen lassen.» Mitte April schrieb das «Deutsche Ärzteblatt»: «Bundeskanzlerin Merkel und Vizekanzler Scholz mit Astra Zeneca geimpft.» Und Mitte Mai in der «Ärztezeitung»: «Gesundheitsminister Jens Spahn hat sich am Freitag gegen Corona impfen lassen – wie er sagt, ganz bewusst mit Astra Zeneca.»

«Man hat die Leute ins Messer laufen lassen», findet Homburg. Die naheliegende Erklärung: Politiker hätten riesige Mengen Impfstoff bestellt, die Bevölkerung zögerte angesichts der möglichen Nebenwirkungen jedoch, sich damit impfen zu lassen. Mit der Werbeaktion sollten die Befürchtungen zerstreut werden. 

«Ministerieller Weisung muss nachgekommen werden»

Nicht immer fügte sich das RKI jedoch sang- und klanglos den Anordnungen der Minister. Im Protokoll vom 21. Mai 2021 etwa wurde die Frage aufgeworfen: «Kann das RKI (das sich als Public Health-Institut der WHO nahe fühlt) eine kontroverse Meinung haben (zur Regierung, die hier eventuell eine Einzelmeinung vertritt)? Es werden intensive Diskussionen innerhalb des Instituts geführt zur Freigabe der Impfstoff-Patente.» 

Deutschland wie auch Bill Gates, der dem RKI 2019 und 2021 insgesamt rund 750’000 US-Dollar spendete, stemmten sich bekanntermassen erfolgreich gegen die Patenfreigabe.

Im September 2021 liess das RKI gar juristisch prüfen, ob es an die Weisungen des Gesundheitsministers gebunden sei. Das Fazit:

«Aktuelle Einschätzung: Ministerieller Weisung muss seitens des RKI nachgekommen werden.»

RKI-Protokoll

Video der Pressekonferenz vom 23. Juli 2024

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*Drosten distanzierte sich im Juni 2024 vom Vorwurf, er habe im Frühling 2020 zu flächendeckenden Schulschliessungen geraten, und sagte der «Welt»: Das «war reine Politik, in die ich nicht involviert war». Allerdings wies «Der Spiegel» auf eine erstaunliche Begebenheit hin: Als nach vierwöchigen Schulschliessungen in Deutschland Forderungen laut wurden, die Schulen wieder zu öffnen und eine wichtige Konferenz der Minister anstand, «machte Drosten etwas, das er selbst eine ‹Blitzaktion› nannte, eine ‹grobe, schnell gemachte Studie›, die er «innerhalb von ein paar Stunden geschrieben» habe. «Er fasste darin die Ergebnisse mit dem Satz zusammen: Kinder könnten genauso infektiös wie Erwachsene sein», berichtete «Der Spiegel». Die Botschaft Drostens sei von der Charité falsch kommuniziert worden. Die Schulen blieben danach in Deutschland weiterhin geschlossen. Auch in einem Gerichtsgutachten plädierte Drosten für die schützende Wirkung von Schulschliessungen. Sein Gutachten wurde von mehreren Experten und einer medizinischen Fachgesellschaft als unzureichend und mangelhaft kritisiert Infosperber berichtete).
**nachträglich ergänzt


Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors

Keine
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Meinungen in Beiträgen auf Infosperber entsprechen jeweils den persönlichen Einschätzungen der Autorin oder des Autors.

Weiterführende Informationen

(Quelle: Infosperber) Link zum Originalpost

Verliert Thomas Aeschi seine Immunität?

Thomas Aeschi rang im Juni auf einer Treppe im Bundeshaus mit einem Sicherheitsbeamten. (Bild: Parlamentsdienste/Tim Loosli)

Der Zuger SVP-Nationalrat Thomas Aeschi hat die Bundesanwaltschaft auf den Fersen. Sie will seine gesetzliche Immunität aufheben.

Zugs SVP-Nationalrat, Thomas Aeschi, könnte sein Recht auf Schutz vor strafrechtlicher Verfolgung während Sessionen verlieren – zumindest rückwirkend. Die Bundesanwaltschaft hat beantragt, die Immunität von Thomas Aeschi und seines Parteikollegen Michael Graber aufzuheben.

Das bestätigt ein Sprecher des Bundes gegenüber der «Republik». Hintergrund des Ereignisses ist das Handgemenge, welches sich die beiden Nationalräte im Juni mit Bundespolizisten in Bern lieferten (zentralplus berichtete).

Würden die zwei Parlamentarier ihre Immunität verlieren, könnte die Bundesanwaltschaft ein Strafverfahren wegen Hinderung einer Amtshandlung einleiten, schreibt die Zeitung am Mittwoch. Bei einem solchen Vergehen drohe den beiden eine Geldstrafe von bis zu 30 Tagessätzen.

Kampf auf einer Treppe

Zur Erinnerung: Kurz vor Ende der Sommersession besuchte der ukrainische Parlamentspräsident das Bundeshaus. Für einen Fototermin sperrte die Bundespolizei kurzzeitig eine Treppe in der Eingangshalle. Aeschi und Graber liessen sich von der Sperrung nicht beirren und wollten die Stufen begehen.

Das hatte ein Gerangel mit Sicherheitsbeamten zur Folge. Auf der Kurznachrichtenplattform X schrieb Aeschi nach dem Handgemenge, parlamentarische Arbeit müsse vor ausländischen Staatsbesuchen Vorrang haben, weshalb er sich nicht habe stoppen lassen wollen.

Im Juli wurde bekannt, dass die Bundesanwaltschaft nach dem Vorfall Vorabklärungen eingeleitet hat, weil eine Strafanzeige eingegangen ist (zentralplus berichtete).

Verwendete Quellen

(Quelle: Infosperber) Link zum Originalpost