Man(n) denkt männlich

Die Marcel Benoit Stiftung zeichnet Pascal Gygax, Psycholinguist an der Universität Freiburg mit dem Schweizer Wissenschaftspreis aus. Mit dem Geld möchte er ein Forschungszentrum eröffnen.

Der Schweizerische Wissenschaftspreis Marcel Benoit zeichnet jährlich eine forschende Person für ihre Arbeit aus. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die einen grossen Teil ihrer Forschung in der Schweiz verrichtet haben, können für diesen Preis nominiert werden. Dieses Jahr hat die Marcel Benoit Stiftung den Psycholinguisten Pascal Gygax mit diesem Preis ausgezeichnet. Dieser forscht seit rund 20 Jahren an der Universität Freiburg, wo er das Team für Sprachpsychologie und angewandte Sozialpsychologie leitet. Sein Forschungsschwerpunkt liegt darauf, wie unser Gehirn das sprachliche Geschlecht verarbeitet.

Generisches Maskulin im Alltag

«Nennen sie mir drei Musiker, die Ihnen spontan einfallen», fragt Gygax im Interview. Eine typische Antwort zu dieser Frage wäre beispielsweise Phil Collins, Harry Styles und Kurt Cobain. «Anhand dieses einfachen Experiments kann man den Einfluss des generischen Maskulinums hervorragend erkennen». Unser Gehirn assoziiert nämlich mit dem Begriff «Musiker» automatisch männliche Musizierende. Diese Formulierung ist also exklusiv und schliesst das weibliche Geschlecht aus. «Würde man nun dieselbe Frage stellen aber anstatt Musiker einen inklusiven Begriff verwenden, würde die Antwort wahrscheinlich ganz anders ausfallen», sagt Gygax. Ein neutraler Begriff wäre in diesem Beispiel «Musizierende».

An der Ader der Zeit

Das Forschungsgebiet von Pascal Gygax ist alles andere als abstrakt. Seine Arbeit liegt am Puls der Zeit und mitten in unserem alltäglichen Leben. «Hinter meiner Forschung steckt ein ganzes Team und viel Zusammenarbeit», sagt Gygax. «Ohne diese Hilfe wäre ich in meiner Forschung nie so weit gekommen.»

Gygax hat gemeinsam mit Ute Gabriel und Sandrine Zufferey 2021 ein Buch über dieses Forschungsgebiet publiziert. Das Buch «Le cerveau pense-t-il au masculin?» beschäftigt sich mit der Frage, ob unser Gehirn männlich denkt, worüber die FN bereits berichteten. (https://www.freiburger-nachrichten.ch/sprache-war-schon-immer-politisch/)

Gygax leitet auch Kurse und Schulungen, welche Medienschaffende sowie andere Interessierte über inklusive Sprache informieren. Zusätzlich bietet er für Lehrpersonen solche Kurse an. «Die Art und Weise wie Lehrpersonen mit ihrer Klasse sprechen, kann Auswirkungen auf Berufslaufbahnen haben.» Wenn eine Lehrperson über einen medizinischen Beruf spricht und die Formulierungen «Arzt» oder «Chirurg» benutzt, dann ändert sich das Bild der Schülerinnen und Schüler bezüglich des Berufes unbewusst. Mädchen nehmen den Beruf einer Ärztin oder eines Arztes als etwas für Männer vorbehaltenes war, und entscheiden sich womöglich gegen eine Karriere in diesem Berufsfeld.

Forschungszentrum in Freiburg

«Das Preisgeld wird natürlich der Forschung zugutekommen». Mit den 250’000 Franken möchte Pascal Gygax den Grundstein für ein Forschungszentrum an der Universität Freiburg setzten. Dieses wird sich mit der Frage von Gleichberechtigung und Diversität beschäftigen. Um das Zentrum auch in Zukunft zu betreiben, sucht Gygax noch Philanthropinnen und Philanthropen, die das Vorhaben auch privat unterstützen. «Die Preissumme wird den Beginn ermöglichen, für weitere Forschung sind wir aber auf andere Spenden angewiesen.»

(Quelle: FN) Link zum Originalpost